Gespannte politische Lage
Die politische Lage bleibt in Griechenland, bezüglich der
Entscheidungen in Brüssel, weiterhin gespannt. Ungewiss ist noch
bis zu diesem Zeitpunkt, ob der Premierminister zur Durchsetzung
der in Brüsseler getroffenen Entscheidungen eine parlamentarische
Mehrheit von 180 oder gar 200 Stimmen von der Volksversammlung in
Athen fordern wird.
Die größte Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) setzt sich
weiterhin für vorverlegte Parlamentswahlen ein. Ein Parteimitglied
sagte in einem Interview, eine Koalitionsregierung aus PASOK- und
ND würde „eine parlamentarische Junta bedeuten".
Auch Stimmen aus den eigenen Reihen der Regierungspartei PASOK,
werden langsam laut, dass diese vielleicht sogar gegen die
Brüsseler Entscheidung stimmen würden. Insider befürchten, dass
einige PASOK-Parlamentarier sogar zurücktreten könnten. Die PASOK
verfügt derzeit noch über eine knappe Mehrheit von 153 der
insgesamt 300 Stimmen.
Verfassungsrechtler vertraten die Ansicht, dass es von der
Verfassung aus gar nicht vorgesehen sei, dass ein derartiges Gesetz
unbedingt das Parlament mit einer Mehrheit von 180 Stimmen
passieren müsse.
Erneut werden auch Szenarien über ein eventuelles Referendum laut,
in dem sich das griechische Volk selbst für oder gegen die in
Brüssel getroffenen Entscheidungen entscheiden soll.
„Politische und keine rechtliche Entscheidung"
Regierungssprecher Ilias Moschialos sagte zur Eventualität einer Zustimmung des Brüssler Entscheidungen von 180 Parlamentariern, dass dies eine „politische und keine rechtliche" Entscheidung sei. In den letzten 40 bis 50 Jahren, so erklärte er weiter, hätten sich Probleme angestaut, die das politische System, gemeinsam und verantwortlich lösen müsse.
„Aufsicht aus dem Ausland" gefürchtet
Für die Durchsetzung der Entscheidungen aus Brüssel mit einer
großen Mehrheit plädiert der Vorsitzende der Demokratischen Linken
Fotos Kouvelis. Gleichzeitig erklärte er auch, dass er dagegen
stimmen werde. Die Brüsseler Entscheidungen würden seiner Ansicht
nach eine „Aufsicht" aus dem Ausland über Griechenland mit sich
bringen. Außerdem prophezeite er, dass es nach dem Gipfeltreffen zu
„rasante Entwicklungen" kommen werde, weil das „derzeitige
Parlament keine Lösungen" geben könne.
Auch die Vorsitzende der Demokratischen Allianz Dora Bakojanni
sprach von der Notwendigkeit, im Parlament die Entscheidung mit 180
Stimmen absegnen zu lassen.
Der Vorsitzende der Orthodoxen Volkssammlung (LAOS) Jorgos
Karatzaferis sprach wörtlich von einer „Bande, die die Schwäche der
griechischen Regierung erkannt hat, und den öffentlichen Reichtum
des Landes ergattern möchte". Der deutschen Bundeskanzlerin Angela
Merkel warf er vor, dass sie das Land „Kommissaren" übergeben
wolle.
Nationalfeiertag vor dem Hintergrund des EU-Gipfels
Beobachter sprachen zum Teil von einer „Ironie der Geschichte",
dass diese Entscheidungen in Brüssel fast parallel zum
Nationalfeiertag der Griechen am 28. Oktober getroffen werden
sollen. Das ist jener Tag, an dem Griechenland „Nein" zu einem
Einmarsch italienischer Truppen im Jahre 1940 sagte. Der Tag gilt
generell als Tag des Widerstandes gegen fremde Mächte. An diesem
Tag sind Schulen, Ämter, private und öffentliche Einrichtungen
geschlossen. Die öffentlichen Nahverkehrsmittel fahren nach dem
Sonntagsfahrplan. Für viele Griechen wird es dieses Jahr auch ein
verlängertes Wochenende werden, weil der 28. Oktober auf einen
Freitag fällt.
In allen Gemeinden in Attika werden am Freitagvormittag
Sonderregelungen für den Straßenverkehr getroffen, damit die
traditionellen Schülerparaden abgehalten werden können. Ab 10.00
Uhr morgens werden in Athen die zentralen Verkehrsadern Amalias,
Panepistimiou und Vassilissis Sofias, sowie weitere Straßen
komplett bzw. teilweise für den Verkehr gesperrt sein.
(Griechenland Zeitung / eh, Archiv-Foto: Eurokinissi. Die Aufnahme
zeigt Griechenlands Premier Jorgos Papandreou, l., im Gespräch mit
dem EU-Kommissions-Präsidenten Manuel Barroso (r.). Im Hintergrund
die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Aufnahme entstand
beim EU-Gipfel am Sonntag.) (Text: GZeh / Foto:
Eurokinissi)