Koalitionsprobleme
Diese Lage führt
letztlich auch zu verschärften Problemen innerhalb der
Koalitionsregierung aus der konservativen Partei von
Ministerpräsident Antonis Samaras Nea Dimokratia (ND), der
sozialistischen PASOK und den Demokratischen Linken (DIMAR). Die
drei Parteivorsitzenden Antonis Samaras (ND), Evangelos Venizelos
(PASOK) und Fotis Kouvelis (DIMAR) wollen sich nun am Montagabend
um 18.00 Uhr treffen, um zu beraten, wie es weitergehen könnte.
Während Samaras selbständig die Entscheidung für die Schließung von
ERT getroffen hat, sprechen sich seine beiden Koalitionspartner
entschlossen dagegen aus. Ihrer Ansicht nach müsse die staatliche
Fernseh- und Rundfunkanstalt zwar stark reformiert werden, doch bis
dahin müsse man weiter auf Sendung bleiben.
Solidaritätsproteste
Unterdessen genießen die knapp 2.700 entlassenen Angestellten von
ERT die uneingeschränkte Unterstützung von Gewerkschaften. Am
Donnerstag fand als Zeichen der Solidarität ein Generalstreik
statt. Zudem haben sich sämtliche Journalistengewerkschaften des
Landes zusammengeschlossen; sie streiken am Freitag den dritten Tag
in Folge und wollen das zunächst bis Dienstag weiterhin tun.
Nachrichtensendungen haben bisher nur Sender ausgestrahlt, die
bereit waren, das in Eigenregie produzierte Live-Programm der
ERT-Angestellten zu übernehmen. Das Finanzministerium droht allen
Sendern, die das Zeichen der ERT ausstrahlen, mit Strafen.
Die Solidarität mit den ERT-Mitarbeitern ist auch im Ausland
relativ groß. Die Europäische Rundfunkunion EBU hat am
Freitagvormittag in Athen eine Pressekonferenz durchgeführt.
Anwesend waren u. a. EBU-Präsident Jean-Paul Philippot und die
Generaldirektorin Ingrid Deltenre. Philippot hatte einen Brief
dabei, der von 51 Direktoren europäischer Radio- und
Fernsehanstalten unterzeichnet worden ist. Darin wird die
Wiederherstellung des Sende-Signals von ERT gefordert.
„Der Anfang vom Ende“
In Griechenland machen vor allem die Oppositionsparteien gegen die
entstandene Lage Front. Alexis Tsipras, Vorsitzender der größten
Oppositionspartei, des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA),
spricht von einem „Putsch“. Allerdings ruft er die Journalisten
dazu auf, ihren Streik zu beenden. Zumindest die Sonntagszeitungen
müssten erscheinen. Die Entscheidung ERT zu schließen, sei „der
Anfang des Endes“ der griechischen Sparpolitik stellte der
Linkspolitiker fest.
Was die Regierung betrifft, so hält sie weiterhin an ihrer
Entscheidung der Schließung fest. Ministerpräsident Samaras sprach
vom „letzten Zittern eines Privilegien-Systems, das in sich
zusammen bricht“. Finanzminister Jannis Stournaras erklärte, dass
die „Modernisierung“ einer griechischen Behörde „extrem schwierig
sein kann“. So etwas könne „nur durch radikale Veränderungen“ und
das Ausfechten von Konflikten in die Tat umgesetzt werden.
Zu ERT gehörten fünf Fernsehsender (ET1, NET, ET3, ERT World und
ERT HD), 29 Radiosender, die Internetseite www.ert.gr, ein Archiv, ein Magazin und
zwei Orchester.
Text: Elisa Hübel, Foto:
Eurokinissi