Die Beteiligung an den Protestmärschen war relativ gering. Angaben der Polizei zufolge schlossen sich den Demonstrationen von GSEE und ADEDY nur etwa 5.000 Teilnehmer an. Etwas stärker besucht war die Kundgebung der PAME, die Teilnehmerzahl soll hier bei etwa 13.000 Menschen gelegen haben. Gegen 14.00 Uhr wurden die Proteste beendet, es kam zu keinen nennenswerten Zwischenfällen.
Proteste auch in anderen Städten
Zu Protesten kam es auch in anderen Städten des Landes, vor allem
in Thessaloniki. Am Generalstreik beteiligen sich u. a. Angestellte
der Kommunalverwaltung, der staatlichen Betriebe, der Banken, der
Krankenhäuser sowie Seeleute. Dadurch kommt heute der Fährverkehr
zum Erliegen. Weil sich auch die Eisenbahner am Streik beteiligen,
verkehren keine Züge. Betroffen ist auch die Vorortbahn
Proastiakos, die den Athener Internationalen Flughafen „Eleftherios
Venizelos" bedient.
Insgesamt hat es den Anschein, als ob die Beteiligung am Streik
nicht so massenhaft ist, wie bei den vorangegangenen. Die
Fluglotsen beispielsweise beteiligen sich nicht. Auch die Athener
U-Bahn (Metro) verkehrt ganztägig im gewohnten Rhythmus.
Die Angestellten der anderen öffentlichen Nahverkehrsmittel
streiken für wenige Stunden. So verkehren die blauen Stadtbusse in
Athen und die Elektrobahn (ISAP) zwischen 9.00 und 21.00 Uhr, die
Oberleitungsbusse (Trolley) fahren zwischen 8.00 und 22.00 Uhr. Die
Straßenbahn (Tram) fährt heute ab 6.00 Uhr und bis Mitternacht.
Ähnlich sind die Betriebszeiten in Thessaloniki.
Gegen weitere Sparmaßnahmen
Der Streik richtet sich vor allem gegen weitere harte
Sparmaßnahmen, die für das Haushaltsjahr 2012 vorgesehen sind. Dazu
gehören u. a. die der „Arbeitsreserve" die erstmals am Montag
dieser Woche praktiziert wurde. Diese betrifft den öffentlichen
Sektor und kann theoretisch in Entlassungen münden, in den meisten
Fällen handelt es sich allerdings eher um eine Art
Vorruhestandsregelung. Gerichtet sind die Proteste aber auch gegen
Veränderungen bei den Arbeits- und Versicherungsrechten und gegen
die Beschneidung der Liste der schweren und gesundheitsschädigenden
Berufe.
Auch Journalisten wehren sich
Betroffen von diesen Maßnahmen sind auch die Journalisten. So
standen bisher einige Nachrichtensprecher noch auf der Liste der
schweren und gesundheitsschädigenden Berufe – was nun nicht mehr
gilt. Ein Grund, um in den Streik zu treten, ist für die
Journalisten aber auch die Praxis vieler Arbeitgeber, unregelmäßig
oder gar keine Gehälter mehr zu zahlen. Das Personal des
Fernsehsenders ALTER ist z.B. bereits seit Monten ohne Salär. Doch
auch Tageszeiten mit großen Auflagen sind davon betroffen. Selbst
beim größten griechischen Medienkonzern DOL wurde den Mitarbeitern
nun eine 20-prozentige Gehaltskürzung angekündigt.
Was die Journalisten bei öffentlichen Medien betrifft, so sind
viele von ihnen von der Arbeitsreserve betroffen. Mitarbeitern mit
Zeitverträgen droht unmittelbar die Arbeitslosigkeit. Deshalb wird
in der Medienbranche morgen ganztägig gestreikt, bereits am
Mittwoch erfolgte ein 24-stündiger Streik. Am heutigen Donnerstag
erscheinen keine Zeitungen.
Weil vor allem bei den öffentlichen Medien seit Anfang der Woche
mehrfach eine Funkstille eintrat, wird intensiv über
Alternativlösungen beraten. Es könne nicht sein, dass das Volk in
schwierigen Zeiten wie jetzt von einem qualitativen
Informationsfluss ausgeschlossen bleibe, wurde etwa bei
Gewerkschaftssitzungen mehrfach zu bedenken gegeben. Deshalb
einigten sich die Medienmitarbeiter darauf, heute lediglich
zwischen 11.00 und 15.00 Uhr die Arbeit nieder zu legen. Für
besondere Vorfälle soll in dieser Zeit ein Notpersonal zur
Verfügung stehen, das bei besonders wichtigen Ereignissen zum
Mikrophon greifen kann. Als Beispiel dafür, dass man nicht
ganztägig die Berichterstattung unterbrechen könne, wurde ein
Generalstreiks Anfang Mai 2010 genannt. Damals waren drei
Bankangestellte an ihrem Arbeitsplatz ums Leben gekommen, als
Unruhestifter einen Brand gelegt hatten. – Die Öffentlichkeit wurde
erst einen Tag später über den Vorfall informiert.
Suche nach Alternativlösungen
Was die neue Regierung unter Loukas Papadimos betrifft, so zeigt
sich diese fest dazu entschlossen, jene Konsolidierungsmaßnahmen,
die mit den internationalen Partnern und Geldgebern beschlossen
worden sind, in die Tat umzusetzen. Im Parlament verfügt das
Übergangskabinett über eine bequeme Mehrheit von 253 der 300 Sitze.
Gestützt wird die Regierung von der sozialistischen PASOK, der
konservativen Nea Dimokratia (ND) und der rechtskonservativen
Orthodoxen Volkssammlung (LAOS). Lediglich die beiden linken
Parteien verweigern sich.
Premier verpflichtet sich zu harten
Maßnahmen
In einem Schreiben an dem Präsidenten des Europäischen Rates
Herman van Rompuy, dem Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker, dem
Präsidenten der Europäischen Kommission Jose Manuel Barroso und der
Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Christine
Lagarde hatte sich Papadimos dazu verpflichtet, dass seine
Regierung alle bereits beschlossenen Maßnahmen durchsetzen werde.
Der gestandene Finanzexperte begründete das mit den Worten, dass
der Verbleib in der Eurozone die wirtschaftliche und finanzielle
Stabilität gewährleiste. Zudem sei die Durchsetzung von Reformen
für ein Wachstum der Wirtschaft absolut notwendig. Deshalb habe
seine Regierung die zentrale Aufgabe, die beim EU-Gipfeltreffen
Ende Oktober mit Griechenland vereinbarten Maßnahmen
umzusetzen.
Immer wieder negative Meldungen
Eines der größten Probleme, mit denen das Kabinett Papadimos
konfrontiert ist, ist die steigende Arbeitslosigkeit. Im August
2011 erreichte diese 18,3 %. Ein Jahr zuvor waren es noch 12,9 %.
Das wirkt sich nicht zuletzt auch auf die Einnahmen des Staates
aus. Für den Zeitraum zwischen Januar und Oktober 2011 lagen diese
bei 39,23 Mrd. Euro: 4,1 % weniger als geplant. Nicht nach Plan
entwickelt sich auch das Haushaltsdefizit. Ursprünglich sollte es
in diesem Jahr nicht über 8,5 % betragen. Dem jetzigen Stand
zufolge könnte es aber bei 9,2 oder gar 9,3 % Ende des Jahres
schließen. Hinzu kommt eine schwere Rezession. Sie war ursprünglich
auf 5,5 % veranschlagt, neuesten Zahlen zufolge dürfte sie auf
mindestens 5,8 % steigen; die OSZE geht sogar von über 6 % aus.
Um angesichts all dieser Probleme einen klaren Kurs zu steuern,
berät seit heute 13.00 Uhr der Ministerrat. Hauptgesprächsthemen
sind die gesetzesgeberische Arbeit für die nächste Zeit, sowie auch
die Vorschläge für das kommende Gipfeltreffen der Europäischen
Union am 8. und 9. Dezember für die Überwindung der Krise innerhalb
der Eurozone. (Text: Griechenland Zeitung / eh, Foto:
Eurokinissi)