Weil der Eingang zum Transportministerium, das sich an der Athener Mesogion-Avenue befindet, von etwa 50 Angestellten des Ministeriums besetzt bzw. gesperrt worden war, musste dieses Treffen an einen anderen Ort verlegt werden.
Bereits zum zweiten Tag sind heute auch die Ministerien für Finanzen und Umwelt von aufgebrachten Beamten besetzt. Auch dort sollten geplante Treffen zwischen Venizelos und den Troika-Experten verhindert werden.
Die der kommunistischen Partei nahe stehenden Gewerkschaft PAME führte am Freitag Proteste vor Finanzämtern und vor Filialen der Elektrizitätsgesellschaft DEI durch.
Proteste lösen Verkehrschaos aus
Weil verschiedene gesellschaftliche Gruppierungen
Demonstrationen und Protestmärsche durchführen, kam es am Freitag
auf vielen zentralen Athener Verkehrsadern zu einem enormen
Straßenchaos. So haben am Freitagvormittag die Mitarbeiter des
Programms „Voithia sto Spiti" – zu Deutsch: „Hilfe im Haushalt" um
11.00 Uhr auf dem Klafthmonos-Platz protestiert und gleichzeitig
die davor befindliche Stadiou-Avenue für den Fahrzeugverkehr
gesperrt.
Krankenschwestern protestierten vor dem Zentralgebäude des
Polytechnikums in der Patission Avenue. Außerdem legen diese am
Freitag für 24 Stunden ihre Arbeit nieder. Sie weisen damit auf
ihre Unzufriedenheit über die Maßnahme der „Arbeitsreserve" hin,
die in vielen Fällen in Entlassungen münden könnte. Diese Proteste
richten sich auch gegen den Abbau von Gehältern.
Um 12.00 trafen sich Schüler und Studenten zu Demonstrationen am
Omonia-Platz und vor dem Hauptgebäude der Universität (Propyläen)
an der Athener Panepistimiou-Avenue.
Reserve-Offiziere protestierten um 13.00 Uhr vor dem
Verteidigungsministerium an der Mesogion Avenue.
Auf der Insel Kreta haben Physikstudenten der dortigen Universität
das Hauptgebäude der Präfektur Kreta symbolisch besetzt. Zudem sind
etwa 60 Schulgebäude unter Besetzung, es kam zu Sachschäden. Gegen
die Verantwortlichen soll nun die Staatsanwaltschaft ermitteln.
Arbeitsniederlegungen und andere Protestaktionen könnte Mitte
Oktober auch die Seemannsgewerkschaft PNO durchführen.
Unzufriedenheit wegen der „Arbeitsreserve"
Ungeachtet der Proteste wird Finanzminister Venizelos mit der
Troika bis zum Sonntag mehrere wichtige Themen besprechen. Vor
allem soll bis dahin der Haushaltsplan fertig gestellt und vom
Ministerrat verabschiedet werden. Bereits am kommenden Montag soll
er dem Parlament übergeben werden.
Einige Medien ließen durchblicken, dass die bisherigen Gespräche
zwischen Venizelos und dem Troika-Team erfolgreich verlaufen sein
soll. Anderen Informationen zufolge soll sich die Troika über die
bisherigen Ergebnissen der „Arbeitsreserve" unzufrieden gezeigt
haben. Bisher sollen lediglich 300 Arbeitnehmer von 151 staatlichen
Unternehmen auf einer Liste stehen, die für diese Arbeitsreserve in
Frage kommen. Angepeilt waren 3.500 Angestellte. Was den gesamten
öffentlichen Sektor betrifft, so sollen in den kommenden drei
Monaten 30.000 Staatsdiener in die Arbeitsreserve verabschiedet
werden. Nun soll die Troika explizit auch Entlassungen fordern.
Grundgehaltserhöhungen im öffentlichen Sektor
Wenig erfreut zeigte sich die Troika auch über die
verspätete Erstellung eines Rahmentarifvertrages. Dieser soll
bereits ab dem 1. November in Kraft treten. Vorgesehen ist darin,
dass 100 der bisherigen Zulagen abgeschafft werden. Dadurch erhofft
man sich Einsparungen bei den Gehaltszahlungen in Höhe von 2,8 Mrd.
Euro. Parallel dazu sollen niedrige Gehälter im öffentlichen Dienst
geringfügig angehoben werden.
Das Grundgehalt für Angestellte der öffentlichen Hand soll ab 1.
November 780 Euro Brutto betragen. Die Obergrenze für
Gehälter wurde auf 2.200 Euro festgesetzt. Bisher lagen die
Gehälter zwischen 711 Euro und 1.666 Euro – allerdings kamen zum
Teil enorme Zulagen und Aufschläge hinzu, wodurch die Gehaltskosten
im öffentlichen Dienst aufgebläht wurden. Mit diesen in Form von
Zulagen versteckten Kosten soll nun Schluss sein. Der Regierung
zufolge werden 14,5 % der Staatsangestellten große Zahlungseinbußen
über sich ergehen lassen müssen. 78 % werde keinerlei Unterschied
spüren und 7,5 % könnten sogar mit einer kleinen
Gehaltsaufbesserung rechnen.
Privatisierungen auf der Tagesordnung
Die Troika, die all diese Maßnahmen überwacht, um letztlich über die Auszahlung der dringend benötigten 6. Kreditrate in Höhe von 8 Mrd. Euro zu entscheiden, wird sich während ihrer Anwesenheit in Athen auch um die Privatisierungen oder Verpachtungen staatlichen Eigentums kümmern. Ganz oben auf der Liste stehen das staatliche Glückspielunternehmen OPAP und Teile des Internationalen Athener Flughafens Eleftherios Venizelos. Darüber hinaus fordern die „Troikaner" noch weitere Schritte von der Regierung in Athen. Auf der Liste stehen noch weitere Privatisierungen, Rentenkürzungen und die endgültige Liberalisierung der bisher geschlossenen Berufe. (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi)