Linke Opposition ist gegen das Maßnahmepaket
Scharfer Widerstand weht dem Kabinett Papandreou auch von den
linken Parteien des Landes ins Gesicht. Die drittstärkste
Parlamentspartei, die kommunistische KKE, rief am
Mittwochnachmittag während einer Protestkundgebung das Volk dazu
auf, sich zu weigern die neuen Abgaben zu zahlen. „Wir gehen keinen
einzigen Schritt zurück … Wir müssen ihnen das Leben zur Hölle
machen", forderte deren Generalsekretärin Aleka Papariga.
Die kleinste der im Parlament vertretenen fünf Parteien, das
Linksbündnis Syriza, forderte eine Beendigung der „katastrophalen
Politik" der Regierung. Der eingeschlagene Kurs zerstöre das Land
und die Zukunft der kommenden Generationen. Das Wahlbündnis sprach
von einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bankrott.
Hintergrund dafür ist die Meinung, dass Athen den Weg aus der Krise
letztendlich doch nicht finden wird.
Die orthodoxe Volkssammlung LAOS, viertstärkste Parlamentspartei,
bezeichnete die neuen Maßnahmen als „härter als die vorherigen und
deutlich leichter als die, die kommen werden". So lange sich
Griechenland Geld leihen müsse, werde es „ertrinken". Die Partei
rief das Volk dazu auf, für eine Erhöhung des
Bruttoinlandsproduktes zu kämpfen: nur durch Arbeit und Entwicklung
könne man wieder optimistisch in die Zukunft blicken.
Aus den Reihen der relativ neu gegründeten und nicht im Parlament
vertretenen Partei der Demokratischen Linken hieß es, dass die
Regierung die Erfolge und Opfer von Jahrzehnten niederreiße. Die
ebenfalls noch relativ junge „Demokratische Allianz" der
Ex-ND-Politikerin Dora Bakojanni sprach davon, dass die Regierung
keinen Plan habe und sich in einem „Klima der Panik und Verwirrung"
verstecke.
Bürger empfinden Ungerechtigkeiten
In der Tat ist der Kampf, den die einfachen Bürger Griechenlands
Tag für Tag ausfechten, um das Land auf Kurs zu bringen, auch mit
großen Ungerechtheiten verbunden. Viele haben den Verdacht, dass
Niedrigverdiener immer mehr für die Krise aufkommen müssen.
Die neuen Maßnahmen betrifft nicht nur Staatsdiener, sondern vor
allem auch Pensionäre mit geringen Bezügen, Niedrigverdienern
sowie auch einige Kinderreiche: Familien mit mehr als drei Kindern
sollen nun kein Kindergeld mehr erhalten, wenn das Jahreseinkommen
über 55.000 Euro liegen sollte.
Viele junge Leute treibt es angesichts der Lage immer stärker ins
Ausland, zunächst oft zu einem Aufbaustudium, immer mehr wollen
auch für immer in der Ferne bleiben.
Den Sparmaßnahmen folgen nun Proteste
Den größten Schock durchleben aber die Staatsangestellten. Noch
bis Ende des Jahres sollen 30.000 von ihnen entlassen werden. Dabei
handelt es sich um einen absoluten Tabubruch für griechische
Verhältnisse. Damit verglichen wirken alle seit Frühjahr 2010
ergriffenen Maßnahmen eher wie ein blasser Schatten. Nun ist mit
einer stark anschwellenden Protestwelle zu rechnen. Bereits seit
Mittwoch finden in vielen Teilen des Landes Kundgebungen statt. Am
heutigen Donnerstag wurde der öffentliche Nahverkehr in der
Hauptstadt Athen durch einen Streik, dem sich auch die Taxibesitzer
angeschlossen haben, regelrecht lahm gelegt. Es verkehrten weder
U-Bahnen, noch Elektrobahnen, Busse, Oberleitungsbusse und
Straßenbahnen. Faktisch konnte man sich nur noch im privaten
Fahrzeug fortbewegen. Kleiner Nebeneffekt: Zu den
Protestkundgebungen im Zentrum kamen relativ wenige Teilnehmer.
Etwas kurios mutet das durch den Streik entstandene Verkehrschaos
an, wenn man bedenkt, dass sich dies ausgerechnet am
„Internationalen Autofreien Tag" ereignete.
Dem Streik angeschlossen hatten sich auch die Angestellten der
staatlichen Einsenbahn OSE. Zudem ruhte am Donnerstag auf dem
Athener Flugplatz, dem größten des Landes, zwischen 12.30 und 15.30
Uhr der Flugverkehr. Grund war eine mehrstündige
Arbeitsniederlegung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (ADEDY),
der sich auch die Fluglotsen angeschlossen hatten. Zwischen 11 und
17.00 Uhr findet in den Schulen kein Unterricht statt, ab 12.30 Uhr
führten die Gemeindeangestellten in der Athener Innenstadt einen
Protestmarsch durch.
Situation könnte sich zuspitzen
Derartige Proteste und Arbeitsniederlegungen gelten für
griechische Verhältnisse als eher „harmlos". Doch die Situation
könnte sich in der kommenden Zeit drastisch zuspitzen. Die
Angestellten der Athener Nahverkehrsmittel zeigen sich unbeugsam
und wollen ihre 24-stündigen Arbeitsniederlegungen fortsetzen.
Bereits am Dienstag und Mittwoch kommender Woche wollen sie erneut
alle Handbremsen fest anziehen. Sie protestieren u.a. gegen die
Fusionierung ihrer bisher fünf Trägerbetriebe sowie gegen
Versetzungen und die sogenannte „Arbeitsreserve", die in vielen
Fällen nach einem Jahr in Entlassungen münden könnte.
Nachlassen werden allem Anschein die öffentlich Angestellten bei
dieser Kraftprobe nicht, die Proteste dürften sich eher verstärken.
Vor allem die kommunistische KKE spornt zu weiteren Kämpfen an.
Erklärtes Ziel ist der Sturz der Regierung. Am Mittwoch skandierte
Generalsekretärin Aleka Papariga: „Wir bezahlen nicht und gehen
keinen Schritt zurück!" Ähnlich entschlossen zeigt sich auch das
linke Wahlbündnis SYRIZA.
Die Linke Zeitung Avgi titelte in ihrer Ausgabe vom Donnerstag:
„Hinrichtung der Gesellschaft". Die auflagenstärkste Tageszeitung
„Ta Nea" sprach von einer „Opferbank", an die die
Griechen geführt würden.
Auszuschließen ist in der gegenwärtigen Lage in Griechenland nichts
mehr. Sowohl die Opposition als auch die Demonstranten auf den
Straßen sägen mächtig und letztendlich gemeinsam am Stuhl der
Regierung. In den nächsten Tagen und Wochen wird sich zeigen, wie
stark der Atem der Regierung Papandreou noch ist. (GZeh)