Zahlreiche Festnahmen
Im Umfeld der friedlichen Proteste kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen mehren hundert Vermummten und der Polizei. Die Radalierer setzten zahlreiche Fahrzeuge – darunter auch zwei Polizeimotorräder – in Brand. Das Gebäude des Finanzministeriums wurde mit Molotow-Cocktails attackiert. Von aufgebrachten Menschen wurde der frühere Verkehrsminister Kostis Hatzidakis (Nea Dimokratia) geschlagen, er musste mit Blut im Gesicht in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Zu Ausschreitungen kam es auch in Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt des Landes. Zahlreiche Personen wurden festgenommen.
Einschneidende Reformen
Anlass für die Gewerkschaftsproteste sind weitere einschneidende
Reformen, die am Dienstagabend im Parlament verabschiedet wurden.
Dadurch soll das Haushaltsdefizit weiter gesenkt werden. Für das
Gesetz stimmten in erster Lesung von insgesamt 300 Abgeordneten 156
der Regierungspartei PASOK. 130 Oppositionspolitiker stimmten mit
„Nein". Ein PASOK-Parlamentarier, der ebenfalls dagegen votierte,
wurde umgehend aus der Fraktion ausgeschlossen.
Vorgesehen sind in den neuen Gesetzen nicht nur Erhöhungen der
Mehrwertsteuer, sondern vor allem spürbare Gehaltskürzungen in
Betrieben der öffentlichen Hand. Bereits im Frühjahr hatte die
sozialistische Regierung unter Jorgos Papandreou Beamten und
Rentnern die 13. und 14. Monatsbezüge drastisch beschnitten.
Stabilisierung der Finanzlage
Hintergrund für diese Maßnahmen ist ein Kredit von 110 Mrd. Euro, den Griechenland von der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds im Frühjahr erhalten hatte, um einen drohenden Staatsbankrott zu verhindern. Die Regierung Papandreou verpflichtete sich ihrerseits, Reform- und Sparpläne in Angriff zu nehmen, um die Finanzlage des Landes zu stabilisieren. Erst in der vorigen Woche hatten sowohl IWF-Chef Dominque Strauss-Kahn als auch EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn bei Besuchen in Athen weitere Reformen angemahnt. Dazu zählen eine Reduzierung des staatlichen Sektors, mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und die Liberalisierung so genannter „geschlossener Berufe". Betroffen sind etwa Apotheker, Anwälte, Ingenieure, Architekten, Notare und vereidigte Buchhalter. Für diese Berufe sollen bisher geltende Einschränkungen per Gesetz gelockert werden. (Griechenland Zeitung, eh / Foto: Eurokinissi)