Schwammtaucher fanden das Wrack im Jahre 1900
Schwammfischer von der Insel Symi hatten das antike Wrack im
Jahr 1900 im Meer vor der kleinen Insel Antikythera entdeckt – eine
Reihe von Telegrammen mit der sensationellen Meldung und ersten
Beschreibungen an den griechischen König Georg I. geben Zeugnis von
dem Ereignis, wohl dem ersten und bis heute einem der
wichtigsten Funde der Meeresarchäologie. Gemeinsam mit Männern
einer Spezialabteilung der königlichen Marine waren die
Schwammfischer dann auch an der das Jahr 1901 beanspruchenden
ersten Bergungsphase beteiligt. Erst 1976 ging es dann weiter durch
unterseeische Forschungen im Auftrag der Griechischen
Archäologischen Gesellschaft, unterstützt durch das ozeanographisch
ausgerüstete Schiff „Kalypso“ des von seinen Fernsehdokumentationen
her bekannten französischen Meeresforschers Jacques-Yves
Cousteau.
Ein Lastkahn mit 300 Tonnen Fassungsvermögen
Das zwischen 60 bis 50 v. Chr. havarierte Schiff war ein Lastkahn, der 300 Tonnen Fracht fassen konnte. Es befand sich voll beladen mit Wert- und Kunstgegenständen Richtung Italien unterwegs und war an der ostägäischen Küste, wahrscheinlich von Ephesos aus zu seiner Reise aufgebrochen. Im ersten Jahrhundert v. Chr. stand der römische Handel mit Importen aus städtischen Zentren der Ägäisküsten voll in Blüte – Höhepunkt einer kulturellen Entwicklung, die gegen Ende des 4. Jh. v. Chr. einsetzte als einer Epoche, in der aus der ursprünglichen Darbringung von Weihegegenständen Kunstsinn und Kunstgeschmack und schließlich der erste Kunsthandel der Weltgeschichte hervorgingen.
Kostbare Funde aus Marmor und Bronze
Das Schiffswrack von Antikythera gab marmorne und bronzene
Statuen, kostbare Glas- und Keramikware sowie Goldschmuck und
bronzebeschlagene Möbel frei, Klinen vor allem, auf denen man ruhte
und speiste. Außerdem fand sich die tägliche Ausrüstung für das
Schiffspersonal, tönernes Koch- und Vorratsgeschirr, das Öl,
Oliven, Hülsenfrüchte und Korn mit den dazugehörigen Handmühlen aus
Mahlsteinen und Kurbel, aber auch z.B. Schnecken enthielt, die,
wenn sie sich eingekapselt haben, eine haltbare eiweißreiche
Nahrung bilden. Drei menschliche Skelette wurden geborgen, eines
Mannes und einer Frau sowie eines Jungen von etwa 15 Jahren …
Der berühmte Mechanismus von Antikythera
In den beiden Ausstellungssälen gruppieren sich die Objekte um
je einen Höhepunkt, den sog. „Jüngling von Antikythera“, ein 1.94 m
hohes spätklassisches Bronzestandbild und den berühmten
„Mechanismus von Antikythera“, eine technische Erfindung des 2. Jh.
v. Chr. Das völlig intakt wirkende Bronzeoriginal der
Jünglingsstatue, die in ausgestreckter Hand ursprünglich einen
kugeligen Gegenstand hielt, den Ball eines Sportlers oder auch
einen Apfel als mythologisches Symbol, war in zahlreiche Teile
zerbrochen gefunden worden und bildet, das Paradebeispiel für eine
erstklassige Restaurierung. Ein weiteres herausragendes Kunstwerk
ist der Porträtkopf eines bärtigen Philosophen aus hellenistischer
Zeit, Teil einer Bronzefigur des 3. Jh. v. Chr., von der auch Arm,
Hand und beide Füße in einem seltsamen aus Sandalen und
Stiefelschäften zusammengesetzten Schuhwerk erhalten sind.
Der sensationellste Fund aus dem Wrack aber ist der einzigartige
sog. „Mechanismus von Antikythera“, ein Meisterwerk der antiken
griechischen Technologie, der mit einem System aus Zahnrädern,
Skalen, Achsen und Zeigern astronomischen und kalendarischen
Berechnungen diente. Aufschriften erklären die Funktionen der
einzelnen Teile, während auf seitlichen metallenen Schutzplatten
die „Gebrauchsanweisung“ für das vielgliedrige Instrument
geschrieben steht, das in mühsamer Kleinarbeit wieder
zusammengesetzt werden musste. Es handelt sich um das älteste
bekannte astronomische Berechnungsgerät überhaupt. Mit ihm konnten
die Stellung von Sonne, Mond und wahrscheinlich von fünf im
Altertum bereits bekannten Planeten sowie kommende Sonnen- und
Mondfinsternisse bestimmt und ein mehrjährige Kalender von großer
Genauigkeit aufgestellt werden. Man nennt das Gerät auch den
„ersten Computer“ der Weltgeschichte.
Text: Griechenland Zeitung / Ursula Spindler-Niros;
Foto: Eurokinissi, Archiv
Bis 30. Juni 2014, Archäologisches Nationalmuseum, Patission 44, Mo bis So, 8.00 bis 20.00 Uhr.