Am morgigen 10. März öffnet in Thessaloniki zum 24. Mal das Dokumentarfilm-Festival seine Pforten für die Besucher. An verschiedenen Veranstaltungsplätzen sowie auch online über die offizielle Plattform des Festivals (online.filmfestival.gr) werden in drei Sektionen 233 Filme und Kurzfilme gezeigt, die ein breites inhaltliches Spektrum abdecken. Bei 93 von ihnen handelt es sich um griechische Produktionen.
Natürlich wird auch das Festival in Thessaloniki von der aktuellen Situation in der Ukraine überschattet, und das bewog die Festivalleitung auch zu einigen kurzfristigen Änderungen. So konnte bereits in den vergangenen Tagen digital auf den eindrucksvollen, mehrfach preisgekrönten Film „The Distant Barking of Dogs“ (dt.: „Oleg, Eine Kindheit im Krieg“) von Simon Lereng Wilmont zugegriffen werden, der das schwierige Leben eines Jungen und seines Umfelds in der Ostukraine dokumentiert. Vor dem Hintergrund der Ereignisse werden während des Festivals zudem drei weitere Filme gezeigt, unter anderem „F@ck This Job“ (auch: „Tango with Putin“) von Vera Krichevskaya, Mitbegründerin des jetzt gesperrten, russischen Senders Dozhd TV (TV Rain).
Aber auch die Corona-Pandemie hinterlässt im Programm des Festivals ihre Spuren, und zwar gleich bei der Eröffnung mit der Weltpremiere des Films „How to Survive a Pandemic“ von David France. Am 20. März wird der Film „Blind Ambition“ von Rob Coe und Warwick Ross das Festival dann beschließen. Er erzählt die Geschichte von vier Flüchtlingen aus Simbabwe, die als Sommeliers in Südafrika Karriere machen.
Ein besonderer Tribut wird in diesem Jahr dem Thema „Post Reality“ („Postrealität“) gezollt. Mit zehn Dokumentarfilmen wird das Phänomen der auf die Postmoderne folgenden, mittlerweile angebrochenen Zeit konstruierter Realitäten aufgegriffen. Denn, so der künstlerische Leiter des Festivals Orestis Andreadakis: „Die Welt, die wir kennen, mag in vielerlei Hinsicht dieselbe scheinen, sie ist es aber nicht.“ Mit den Filmen soll aber keineswegs Unsicherheit oder Furcht vor der Zukunft geschürt werden, sondern vielmehr auf die Vielzahl der Möglichkeiten verwiesen werden, die sie bereithält.
Von den griechischen Beiträgen dürfte nach seiner Weltpremiere auf der Berlinale 2022 vor allem der Film „The City and the City“ von Christos Passalis und Syllas Tzoumerkas über das Schicksal der jüdischen Einwohner Thessalonikis im 20. Jahrhundert auf ein besonders großes Interesse stoßen. Er wird zum ersten Mal in Griechenland gezeigt.
(Jens Rohmann / Griechenland Zeitung)