Ja, geht’s denn noch? Da schlagen sich Europas führende Politiker eine Nacht um die Ohren, ringen schließlich den Tsipras nieder und ihm einen „Kompromiss“ ab (früher nannte man so etwas Erpressung), von dem sie genau wissen, dass er neue Unruhen in Griechenland und Instabilität der griechischen Regierung zur Folge haben wird. Gewollt? Gezielt gemacht? Hohe Zeiten für Verschwörungstheoretiker!
Von „richtiger“ Hilfe war übrigens nie die Rede. „Geholfen“ wird ohnehin vorwiegend den Banken. Noch war die Tinte der Brüsseler Vereinbarung nicht trocken, noch hatten europäische Parlamente darüber zu befinden, da faselte Schäuble schon wieder von einem „Grexit auf Zeit“, man hörte be-Scheuer-te Unflätigkeiten, Strobl meinte, der Grieche habe „jetzt lange genug genervt“. Hans-Werner Sinn glänzte in einem seiner zahllosen Talkshow-Auftritte wieder einmal mit Sinn-losen ökonomischen Ratschlägen. Aber keiner, auch nicht die Kanzlerin, gibt irgendwann einen substanziellen Vorschlag von sich. Beispielsweise könnte der deutsche Staat deutsche Unternehmen ermuntern, in Griechenland Arbeitsplätze zu schaffen (die dieselben vorher abgebaut und nach China verlagert haben) oder deutsche Investoren in Griechenland unterstützen. Auf Betreiben der „Troika“ hatte Griechenland die Subventionen für Windenergie und Photovoltaik gekürzt. Das Ergebnis war Stillstand bei einem boomenden Wirtschaftszweig, der in ganz kurzer Zeit einige Tausend Arbeitsplätze geschaffen hatte. Griechenland hat so viele Sonnentage, dass es Mitteleuropa komplett mit Solarstrom versorgen könnte aber, aber ... Es würde ja schon reichen, wenn Frau Merkel sagen würde: „Fahrt nach Griechenland, die Leute dort brauchen den Tourismus, und das Land hat nichts von seiner Gastlichkeit verloren“ – trotz meiner Politik könnte sie noch hinzufügen ...
Als vertrauensbildende Sofortmaßnahme schlage ich übrigens den sofortigen „Schäublexit“ vor, nicht auf Zeit, dauerhaft!
Wilfried Jakisch
Unser Foto (© Eurokinissi / Europäische Union) entstand beim EU-Gipfel in Brüssel am 12. Juli. Abgebildet sind die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Alexis Tsipras. Im Vordergrund (Rückenbild) der französische Präsident Francois Hollande.