Es geht voran. Zugegeben – mit drei Schritten nach vorne und zwei zurück, mit Missverständnissen auf beiden Seiten, mit Beleidigungen, jeder Menge bösen Blutes – aber es geht voran.
Zwei Positionspapiere stehen sich gegenüber: jenes der Regierung Tsipras und jenes der internationalen Gläubiger. Die beiden Entwürfe haben mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede.
Beide Seiten sind bereits von ihren Maximalforderungen abgerückt: Die EU und der IWF scheinen sich auf Jahre hinaus mit deutlich niedrigeren Haushaltsüberschüssen zu begnügen. Tsipras hat sich mit der Privatisierungspolitik seiner Vorgänger abgefunden und will auch die in Zukunft geplanten Privatisierungen zum Abschluss bringen – wenn auch mit kosmetischen Änderungen. Noch gibt es eine Kluft in Sachen Rentenpolitik und Arbeitsrecht. Die Erfahrung nach fünf Jahren Memorandum lehrt aber, dass es in solchen Themen einen breiten Spielraum für Kompromissformeln gibt.
Das heißt noch lange nicht, dass ein Deal vorprogrammiert ist. Der Mangel an Vertrauen ist enorm, vor allem auf Seiten der Gläubiger: Auch wenn Tsipras Privatisierungen und Strukturreformen, wie die Öffnung der Energiemärkte verspricht, ist es eine völlig andere Sache, ob sie auch umgesetzt werden.
Den größten Unsicherheitsfaktor bei den Verhandlungen stellt die Fraktion der regierenden linken SYRIZA-Partei dar. Man kann es ihr kaum verdenken: Der Text der eventuellen Einigung Athens mit der Troika wird mehr der Politik des ehemaligen Premierministers Antonis Samaras ähneln als den Vorwahlversprechen von SYRIZA.
Wie in den vergangenen fünf Jahren ist Griechenlands Problem eher politisch als wirtschaftlich. Das Reformprogramm wiegt zu schwer auf den Schultern einer einzigen Partei oder auch von zwei Parteien allein. Ohne breitere politische Allianzen kann es nicht auf Dauer umgesetzt werden. Je schneller Tsipras dies einsieht, desto besser für das Land.
Dimos Chatzichristou
Unser Foto (© Eurokinissi) entstand im März 2015 und zeigt eine ökologische Energieladestation, die in Piräus entwickelt wurde. Der Strom für elektronisch betriebene Fahrzeuge wird hier aus Sonnenenergie gewonnen. Dies ist eine besonders zukunftsweisende Seite des Energiemarktes, wo – entsprechende Investitionen vorausgesetzt – tausende Arbeitsplätze entstehen könnten.