Kaum ein Tag vergeht, an dem der Fernsehsender des griechischen Parlaments („Vouli“) seine Zuschauer nicht an die deutsche Schuld für Verbrechen im Zweiten Weltkrieg erinnert.
Kriegsdokus von der Schlacht von Moskau bis zur Schlacht von Stalingrad und patriotische Resistance-Filme französischer und sowjetischer Machart scheinen in letzter Zeit zur Tageskost des Kanals zu gehören – so wie bei anderen Sendern der Wetterbericht. Die Fans des Kanals wurden vergangene Woche sogar mit einer zweistündigen Live-Übertragung der militärischen Siegesparade in Moskau beglückt. Wer die Show verpasste oder möglicherweise Nachholbedarf empfand, wurde am Tag darauf mit einer ungeschnittenen Wiederholung beglückt.
Dokumentarfilme und historische Spielfilme gehörten schon immer zum Schwerpunkt des Parlamentskanals. Das war und ist auch gut so. In der kulturellen Wüste der restlichen Privatmedien stellt „Vouli“ immer noch eine regelrechte Oase dar.
Sein neuer Programmschwerpunkt geht aber weit über seine öffentlich-rechtliche Pflicht für qualitatives Fernsehen hinaus. Er ist wohl Teil einer bewussten Medienkampagne, die die Vergangenheit als Waffe im mondänen Schulden-Geschacher der Regierung mit ihren internationalen Geldgebern, insbesondere Deutschland, einzusetzen versucht.
Man mag persönlich zur Debatte über Sinn oder Unsinn der griechischen Reparationsforderungen für den Zweiten Weltkrieg stehen wie man will. Das Thema verdient aber einen seriöseren Umgang als die Berieselung der Massen durch Hurra-Patriotismus im Staatsfernsehen und entsprechende Werbespots in der Athener U-Bahn. Eine solche Strategie eignet sich eher dazu, Ressentiments in der eigenen Bevölkerung zu schüren, als einen moralischen Appell in eigener Sache an die internationale Gemeinschaft zu richten. Den Machern der Kampagne geht es weniger darum, reflektives Geschichtsverständnis zu fördern – eher darum, mediale Ohrfeigen zu verteilen.
Dimos Chatzichristou
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