Man kann sich sehr wohl fragen, wie es sein kann, dass praktisch kein einziger Bankkredit im Land normal bedient wird und die Europäische Zentralbank (EZB) dennoch zur Schlussfolgerung kommt, dass die griechischen Banken eigentlich kein weiteres Kapital benötigen.
Common-Sense scheint aber bei den seit Monaten erwarteten Stress-Tests der Banken nicht gefragt zu sein. Es handelt sich dabei eher um eine Kombination von Zahlenspielen und großer Politik, wo Annahmen hin- und hergeschoben und zurechtgebogen werden, damit am Ende jeder sagen kann, er habe seine Arbeit pflichtgemäß getan, ohne dass sich in Wirklichkeit viel zu ändern braucht.
Die griechischen Ergebnisse wurden einmütig und überschwänglich von der Regierung und den Banken als großer Erfolg gewertet. Ihre Begeisterung müsste sich aber eigentlich in Grenzen halten. Sie lässt eher an einen Schüler denken, der sich freut, weil er die Prüfung mit einem Vierer bestanden hat: er braucht nicht nachzusitzen und darf in die Ferien fahren. Fürs Leben gelernt hat er aber aus dem vergangenen Schuljahr eher wenig.
Überhaupt bestätigen die Stress-Tests das Talent der Griechen, formale Prüfungen und Kriterien zu bestehen und zu erfüllen, die ihnen ihre Geldgeber vorgeben, ohne sich aber deren Geist und Inhalt anzueignen und im wirklichen Leben umzusetzen. Banken sind dazu da, die Wirtschaft zu finanzieren – nicht um ihr Geld zu horten, damit sie abstrakte Kapitalausstattungswerte befriedigen, von denen im wirklichen Leben niemand profitiert.
Die EZB trägt auch einen großen Teil der Verantwortung dafür. Die Tests hätten schärfer sein sollen, um die Liquiditätsnöte von Firmen und Haushalten mit zu berücksichtigen.
Dimos Chatzichristou (© Griechenland Zeitung)
(Unser Foto zeigt das Zentralgebäude der Griechischen Nationalbank in Athen. Foto: GZjh)