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Liste mit sensiblen Kontodaten beschäftigt griechische Politiker Tagesthema

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Liste mit sensiblen Kontodaten beschäftigt griechische Politiker
In Griechenland sorgt die so genannte „Falciani-CD“ für Turbulenzen in der Politik. Darauf sollen Kontendaten von knapp 2.000 Bürgern gespeichert sein, die bei einer Schweizer Bank ihr Geld angelegt hatten. Im Zuge der Entwicklungen ist am Mittwoch unerwartet der ehemalige Innenminister, Jannis Ragousis, aus der PASOK ausgetreten. Sein Gewissen zwinge ihn zu dieser Tat – das Glas sei übergelaufen, sagte er.
gte er. Die PASOK habe „Praktiken vertreten, die Griechenland in den Bankrott und in die Demoralisierung“ getrieben hätten. Dem Vorsitzenden der PASOK Evangelos Venizelos (siehe Foto) warf er einen „falschen Umgang mit der Situation“ vor. Die auf der CD gespeicherte Liste sei ein Beweis dafür, dass die Regierung nicht dazu entschlossen sei, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Seiner Ansicht nach würden „Interessensverflechtungen und kleine Oligarchien geschützt“. Für das Überleben Griechenlands sei es hingegen wichtig, das politische System neu aufzubauen. Rangousis gab auch zu verstehen, dass er eine neue Partei im Lager des sozialistischen Spektrums gründen wolle. Ähnlich Pläne werden auch dem PASOK-Funktionär Andreas Loverdos nachgesagt. Letzterer sprach vom Schwanengesang des politischen Systems. Ein weiteres PASOK-Mitglied erklärte in einem Interview, dass es wohl keinen Minister gäbe, der diese Liste mit ihren Daten nicht gesehen habe.

Liste auf USB-Stick im Schreibtisch

Durch diese Entwicklungen kommt PASOK-Chef Venizelos zunehmend unter Druck. Er selbst hatte zwischen Juni 2011 und März 2012 das Finanzministerium geleitet. Nachdem die Falciani-CD Anfang dieser Woche zunächst als vermisst eingestuft worden ist, stellte sich im Nachhinein heraus, dass die darauf enthaltenen Daten auf einem USB-Stick in einer Schublade des PASOK-Chefs gelandet war. Dort soll sie für etwa zwei Jahre gelegen haben. Der studierte Verfassungsrechtler Venizelos erklärte, dass es gegen das Gesetz verstoße, Daten zu nutzen, die man auf illegalem Wege erhalten habe. Im Anschluss überreichte er die anrüchige Liste an Ministerpräsident Antonis Samaras. Dieser gab sie weiter an die Steuerfahndung, anschließend gelangte sie in die Hände der Staatsanwaltschaft. Diese gelangte zur Schlussfolgerung, es sei statthaft, auf Basis dieser Daten zu untersuchen, wer eventuell Steuern hinterzogen haben könnte. Vor dem Gericht dürfe man diese allerdings nicht als Beweismaterial benutzen. Am Mittwoch haben zwei ehemalige Vorsitzende der Steuerfahndung, die bis vor zwei Jahren im Amt waren, vor dem Ausschuss für Institutionen und Transparenz des Parlaments ihre Aussage zu Protokoll gegeben. Einer der beiden gab zu, dass er einen Teil dieser Liste in der Hand gehabt habe – doch es habe sich lediglich um zehn Personen gehandelt – die komplette Liste habe er nie zu Gesicht bekommen. Die Inhaber der Bankkonten, die er überprüft habe, seien jedenfalls keine Politiker gewesen. Der andere sagte aus, dass man mit den Nachforschungen anhand der Daten auf der Liste begonnen hätte, wenn er vom damaligen Finanzminister Venizelos Grünes Licht dafür erhalten hätte.

„Versuch der Destabilisierung“

Venizelos erklärte am Mittwochabend in einem Fernsehinterview, dass bestimmte Kreise versuchten, das Land durch derartige Verfahren zu destabilisieren. Die von ihm geführte PASOK ist eine wichtige Stütze der Regierung Antonis Samaras. Sollten die Sozialisten in der sich nun abahnende Krise weiter in einen Prozess der allmählichen Auflösung geraten, könnte dies auch das Ende der jetzigen Regierung bedeuten. Um ein derartiges Szenario zu verhindern, hat Venizelos am Mittwochmittag die Parlamentsfraktion zusammengerufen, um den Zusammenhalt der Sozialisten zu gewährleisten.

„Entehrung des politischen Systems“
Bereits jetzt muss Venizelos scharfe Kritik auch seitens von Parlamentariern aus den Reihen der Demokratischen Linken (DIMAR) einstecken, die ebenfalls die Regierung mit tragen. Das Mitglied des Exekutivkomitees der DIMAR Theodoros Margaritis sprach in einem Interview von einer „Entehrung des politischen Systems“. Seiner Meinung nach wurde diese Liste niemals untersucht, weil sie „offensichtlich hochrangige Namen“ beinhalte. Eine Destabilisierung der Koalitionsregierung schloss er aber aus. Die Korruption des politischen Systems und des Staates werde die Linkspartei entschieden bekämpfen.
Die größte Oppositionspartei des Landes, das Linksbündnis Syriza, verlangt sowohl die Prüfung einer eventuellen Schuld der ehemaligen PASOK-Finanzministers Jorgos Papakonstantinou (Oktober 2009 – Juni 2011) als auch von Venizelos.
Ähnlich sehen es auch die Unabhängigen Griechen. Deren Fraktionssprecher plädierte dafür, dass niemand ungestraft davon kommen dürfe. Zudem brachte seine Befürchtung zum Ausdruck, dass Daten auf der Falciani-CD in den vergangenen beiden Jahren verloren gegangen sein könnten. Die kommunistische Partei KKE äußerte, dass das Volk das Recht habe die Wahrheit zu erfahren. (GZeh, Foto: Eurokinissi)

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