Hier in Griechenland ist es mit dem Weißkohl genauso wie mit der Tomate: Er hat einen wunderbareren Geschmack als anderswo! Als Wintergemüse ist der Weißkohl in allen Hausgärten vertreten, geerntet wird er von Oktober bis Februar, wobei das größte Anbaugebiet des wohl beliebtesten Kohls in der thessalischen Tiefebene zwischen Trikala und Kalambáka liegt.
Die Kohlköpfe werden auf dem Feld abgeschnitten und die meisten gelangen, wenn sie nicht in Kühlräumen gelagert werden, sogleich auf die Märkte. Dort werden die vielen weißgrünen Kohlköpfe mit den glänzend festen Blättern zum Verkauf „präpariert“ – aufgetürmt oder in Reih und Glied. Ihr Anblick dem Besuch des Wochenmarktes eine Note von Winter und knackiger Frische – genauso wie die riesigen Wassermelonenkugeln in der heißen Saison für Sonne und Meer stehen. Mein Lieblingssalat ist die griechische λαχανοσαλάτα, der Weißkohl- oder Krautsalat. Hauchdünn geschnitten, meist mit einer Möhre vermischt, mit Salz, Zitronensaft, Olivenöl und Knoblauch verfeinert, ist diese Speise für mich eine wahre Delikatesse. Der Weißkohl ist nicht aus der griechischen Küche wegzudenken. Frisch und stets fein geschnitten zubereitet, ist λαχανοσαλάτα eine ebenso delikate wie erfrischende, im Geschmack süßlich-herzhafte Beilage zu Fisch- und Fleischgerichten. Weitere Weißkohlspezialitäten sind in Salzlake eingelegte Kohlblätter und der in Olivenöl eingelegte, je nach Geschmack mit Gewürzen verfeinerte Kohlsalat. Zudem beliebt und in allen Regionen auf dem Speiseplan, sind die mit Hackfleisch gefüllten Kohlrouladen (λαχανοτνολμάδες) in der unverzichtbaren Ei-Zitronen-Soße (αυγολέμονο), wobei die Größe der Rouladen je nach Zubereitung der Köchin von fingerfick bis zur Größe von gängigen Fleischrouladen reichen kann. Der Weißkohl, λευκό λάχανο, wurde bereits im antiken Griechenland als ein einfaches, aber schmackhaftes und vor allem gesundes Wintergemüse geschätzt, dem man Heilwirkungen zuschrieb. Weißkohl besitzt besonders viel Vitamin C und zudem Ascorbinsäure, die für unsere Knochensubstanz äußerst förderlich ist. Um ihre Milchproduktion anzuregen, pflegte man ihn schwangeren Frauen vor der Entbindung zu geben: und auch infizierte Wunden reinigte man mit Kohlblättern. Frönte man dem Alkohol im Übermaß, so schmauste man dazu Weißkohl, da er eine entgiftende Wirkung hat und dem Kater den Garaus macht. Als eines der ältesten und seit der Antike angebauten Gemüse heißt, dass der λάχανο aus dem Schweiß des Obergottes Zeus entstanden sei. Diese Version zumindest zirkuliert in der griechischen Mythologie. Bei all meiner Liebe zum griechischen Weißkohl will es mir offenbar aber trotz aller Mühe und Tricks nie gelingen, den Kohl so haarfein zu raspeln, zu hacken, zu schneiden oder zu hobeln, wie es die Griechen tun. Der Einfachheit zuliebe schäle ich die Kohlblätter oft stracks vom Kopf ab und esse sie roh. Sie glänzen, knacken zwischen den Zähnen und schmecken herzhaft und süß. (Griechenland Zeitung / Linda Graf)