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Die Zeit der Kohlköpfe

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Αrchivfoto (© Eurokinissi) Αrchivfoto (© Eurokinissi)

Jetzt sind sie wieder da! Aufgetürmt auf den Marktständen und im Supermarkt glänzen die Kohlköpfe wie poliert. In der Hand fühlen sie sich kühl an, fest und schwer. Der Weißkohl ist erntereif und, weil winterfest, wird er  bis über den November hinaus frisch geerntet. Alle Kohlarten, sei es Rot- oder Weißkohl, Brokkoli, Rosenkohl oder Grünkohl, stammen übrigens vom Wildkohl ab, der immer noch in einigen Regionen des Mittelmeers vorzufinden ist.


In Griechenland ist Kohl eines der ältesten, bereits seit der Antike kultivierten Gemüse. Wie viele, sich in der Türkei und in Griechenland in der Esskultur überschneidenden Begriffe, klingen das türkische Wort lahana und das griechische λάχανο für Kohl durchaus ähnlich. Der griechischen Mythologie zufolge entsteht der erste Kohlkopf aus Zeus’ Schweißtropfen, als der Göttervater sich wegen eines widersprüchlichen Orakels den Kopf zerbricht und dabei – ein wahrer Hitzkopf! – in Schweiß ausbricht. Eine weitere Sage lautet, dass Dionysos den Prinzen Lykurgos im kalten Winter während eines Streits tötet, wobei Kohlpflanzen aus den Prinzentränen sprießen. Dank seiner Tränen kommen die Menschen in der kalten Jahreszeit folglich in den Genuss von frischem Kohl. Im antiken Ägypten und Griechenland wird Kohl als Heilmittel für diverse Beschwerden eingesetzt. Schwangeren Frauen wird lachano (λάχανο) vor der Entbindung zur Förderung der Milchproduktion gereicht. Äußerlich desinfiziert man Wunden, Gicht und Ödeme mit Kohlblättern, auch wird lachano bei Magenverstimmungen, Kopfschmerzen und generell als Entgiftungsmittel eingesetzt. Nebst seiner einstigen Funktion als Heil- und Entgiftungsmittel nimmt besonders der Weißkohl (λευκό λάχανο) längst eine köstliche Rolle auf dem griechischen Speiseplan ein. Kohlköpfe werden sommers, und auch im Herbst, wenn frisch geerntet, gerne als Salat gereicht – u. a. als sogenannte politiki, was „aus Konstantinopel stammend“ bedeutet. Der feingeraspelte, meist mit Karotten vermengte Weißkohlsalat, hat, je nach Region, eine unterschiedliche Note. In Thessaloniki wird die politiki salata gerne scharf zubereitet, mit Chilischoten und Paprika. Hier am Ionischen Meer verfeinert Dimitra die lachano-karotta-salata in ihrer Taverne mit Rosinen und etwas Balsamicoöl; meine Nachbarin wiederum vermischt ihre lachanosalata mit geraspeltem Sellerie. Zu den beliebten, griechischen Winterrezepten gehören die lachanodolmades, mit Reis und Hackfleisch zubereitete Kohlwickel, die besonders gut in Avgolemono-Sauce (Eier-Zitronen-Sauce) schmecken. Es gibt auch λαχανόρυζο / lachanoriso. Das ist ein Weißkohl-Reis-Eintopf, der auch gern zur Fastenzeit verspeist wird. Dann wäre da noch der lachano με χοιρινό (me chirino), mit Schweinefleisch; die Πίτα με λάχανο και φέτα (pita me lachano kai feta), Pita mit Kohl- und Fetafüllung. Der Anzahl der Gerichte sind keine Grenzen gesetzt, denn Weißkohl schmeckt und ist gesund, die Kohlköpfe regen das Immunsystem an und enthalten viel Vitamin C. Zudem erklärt Spyros in Lollos’ Kafenion, dass man keinen Kater vom Trinken kriegt, wenn man sich dabei Kohlgerichte munden lässt. (Griechenland Zeitung / Linda Graf)

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