Sicherlich sind Ihnen die Stände vertraut, an denen Kastanienfrauen- und -männer, die sogenannten „Kastanades“, geröstete Kastanien anbieten. Wo aber kommen die Esskastanien aus Griechenland her?
Sie sind vor allem in Mazedonien, auf Euböa und im thessalischen Pilion verbreitet, werden jedoch auch jetzt, im Herbst, auf Kreta und auf Lesbos gesammelt. Zum Maronen-Sammeln ziehen in einigen Regionen ganze Trupps tagelang in die Berge, in abgelegenen, mit Kastanienbäumen bewachsenen Waldgebieten haben Generationen von Sammlern Hütten zum Übernachten sowie zum Lagern ihrer mit Kastanien abgefüllten Säcke gebaut. Ein Brauch, der besonders in den unbesiedelten Regionen Thessaliens verbreitet ist. Die Esskastanie,Castanea sativa, stammt wohl ursprünglich aus Kleinasien, ist aber bereits in der Antike in Griechenland verbreitet. Die Edelkastanien könnte nach der Stadt Kasthanaia (auch: Kastaneia) an der Ostküste des Pilion-Gebirges benannt worden sein; sie werden auch als kastanäische Nüsse oder „Zeus- Eicheln“ bezeichnet. Andere Theorien führen die Herkunft des Namens auf Kleinasien zurück. Der Kastanienbaum mit seiner ausladenden Krone wird bis zu 30 Meter hoch. Die stacheligen Fruchthüllen, in denen sich gewöhnlich zwei Kastanien befinden, platzen bei der Reife auf. Die Kastanien können nun vom Boden aufgelesen werden. Zum Verzehr befreit man die Maronen von der holzig-ledrigen braunen Schale, am besten auch von der wolligen Samenhaut. Damit die Kastanie beim Rösten sauber aufspringt und nicht durch die Hitzezufuhr explodiert, macht man vor dem Erhitzen einen kurzen Schnitt mit dem Messer in die Schale. Die Nussfrüchte können kurz gekocht und aufgeschreckt, oder in der Pfanne und im Backofen geröstet werden. In der Antike wurden die Esskastanien gar medizinisch genutzt, in der heutigen Pharmazie finden sie keine Verwendung mehr. Wohl aber in griechischen Gerichten. Es gibt Moschάri me Kάstana, Rindfleisch mit Kastanien, wobei die Kastanien dem Gericht einen leicht süßlichen, nussigen Geschmack verleihen. Im Gebiet des Pilion, das zwischen Athen und Thessaloniki auf dem griechischen Festland liegt, werden die Kastanien traditionell als Beilage oder als Füllung in Wildbraten verwendet. In diesem Gebiet gibt es auch eine Spezialität: den Pudding aus Kastanien, Honig und Orangenblütenaroma. Der Pilion war die Heimat der Zentauren – Fabelwesen, die halb Mensch, halb Pferd waren –, die nach ihren kriegerischen Einsätzen bestimmt den mit Orangenblütengeschmack versetzten Kastanienpudding verschmaust haben. (Griechenland Zeitung / Linda Graf)