Zahlreiche internationale Bands wagen es, traditionslastigen Rembetiko, die griechische Undergroundmusik der 30er-Jahre, und die Smyrneiika des 19. Jahrhunderts zu entführen und mit moderner Popmusik zu verbinden. Unser Autor Simon Steiner kommt vom New Wave und Punk und spielt heute selbst Rembetiko. Er begibt sich gern aufs Glatteis und sucht nach Beispielen, die Rembetiko-Musik progressiv auszudrücken und weiterzuentwickeln.
Süße Bouzouki-Klänge und Punk? Das passt doch nicht! Rembetiko als Reggae? Querverweise zu Psychedelic, Hardrock, Heavy Metal? Die internationale Musikszene spielt verrückt! Das gute alte Genre Rembetiko wird seiner Tradition beraubt, Gott und die Welt erlauben sich, am griechischen Heiligtum und Weltkulturerbe Rembetiko herumzuschrauben! Okay, Punks und Rembeten haben sicherlich einiges gemeinsam, beide Außenseiter kleiden sich extravagant, posen und wirken rebellisch. Rembetes und Punks reden Argot oder Slang und pflegen ihre Insider-Sprache. Der Punk rebelliert gegen das Establishment, aber der Rembet ist selbstgenügsam, eher unpolitisch, er will doch nicht die Welt verändern, sondern das Leben genießen, als meraklis, als Kenner, der weiß, wie man das Leben lässig feiern kann. Der Schlachtruf der Punks: „Eins zwei-drei-vier Bier!“ steht im krassen Gegensatz zum coolen Dampf der Wasserpfeife eines Rembetis. Der spielt gekonnt akustische Bouzouki, die persisch-arabischen Tonleitern, den makam folgt. Die Stimme klingt rau, blechern oder heißer. Loop-artige Schleifen verlaufen hypnotisch im 9/8 Takt. Im dilettantischen 3-Akkorde-Punk dagegen hämmert die elektrische Gitarre. Laut, dreckig und schnell! Fiese Schreie! Geschrammeltes stakkato im 4/4 Takt. Wie entspannt dagegen klingt Rembetiko. Der Rembetis sitzt cool auf seinem Stuhl. Der Punk zuckt nervös herum. Punks hatten die aufgeblasene Hippie-Musik satt, den Rembetes gingen Operette und romantses auf den Keks. Rembetiko-Lieder beginnen oft mit taximi, einer virtuos improvisierten Einleitung. Improvisationen, bei denen ein Punk-Musiker sein Geschick demonstrieren könnte, sind rar.
Der gesamte Essay über zwei Subkulturen: Punk und Rembetiko finden Sie im neuen Griechenland Journal Nr. 9.