Im Reigen der orthodoxen Kirchenführer nimmt der griechisch-orthodoxe Ökumenische Patriarch von Konstantinopel einen herausragenden Rang ein. Infolge uralter Traditionen, aber auch entsprechender kirchenrechtlicher Bestimmungen kommt ihm im Kreise seiner Kollegen die Position eines „Primus inter Pares“ zu, eines „Ersten unter Gleichen“.
Darüber hinaus ist sein Amt zwar mit einer besonderen Verantwortung für die Gesamtorthodoxie verbunden, weiterreichende Rechte zum Eingreifen in die Zuständigkeitsbereiche anderer Patriarchen oder Erzbischöfe erwachsen ihm daraus aber nicht. Mit der Rolle des römischen Papstes für die katholische Kirche ist seine Stellung nicht vergleichbar, und dem orthodoxen Empfinden wäre ein solcher Anspruch auch völlig fremd. So ist auch die orthodoxe Kirche Griechenlands eigenständig, „autokephal“. Sie wird geführt von der Heiligen Synode der Kirche Griechenlands (Ιερά Σύνοδος της Εκκλησίας της Ελλάδος), der die Metropoliten der Diözesen des Landes angehören und die ihren Sitz im Petrakis-Kloser (Μονή Πετράκη) in Athen hat. An der Spitze des Kollegiums steht der Erzbischof von Athen, der somit als Oberhaupt der griechischen Kirche gelten kann. Aufgrund der historischen Entwicklung gibt es hinsichtlich der Zuständigkeiten für einige Landesteile allerdings gewichtige Sonderregelungen zwischen Patriarchat und griechischer Kirche. Diese rühren daher, dass bei Einführung der Autokephalie 1833 durch die bayerische Regentschaft Griechenlands und deren Bestätigung vonseiten des Patriarchats 1850 das Territorium des Staates noch längst nicht seine heutige Ausdehnung besaß. Und so unterstehen die erst deutlich später hinzugekommenen Inseln des Dodekanes sowie Kreta und die autonome Mönchsrepublik des Heiligen Berges Athos denn auch weiterhin dem Patriarchen. Komplizierter ist die Stellung der sogenannten „Neuen Länder“ (Νέες Χώρες), jener Teile Nordgriechenlands, die infolge der Balkankriege 1912/13 dem Staatsgebiet eingegliedert wurden. In geistlicher Hinsicht unterstehen sie offiziell zwar der Oberhoheit des Patriarchats, administrativ aber sind sie gewissermaßen „bis auf Weiteres“ in die rechtliche Obhut der Kirche Griechenlands gegeben. Dabei steht dem Patriarchen jedoch ein grundsätzliches Mitspracherecht insbesondere bei der Besetzung der betreffenden Bischofsämter zu.
Jens Rohmann