Regelrechte Feuerwalzen, die seit einer Woche verschiedene Teile Griechenlands überrollten, haben unermessliche Schäden hinterlassen. Noch immer brennt es auf Nordeuböa, wo heute zwei weitere Bewohner evakuiert werden mussten, darunter in Asimino an der Nordküste.
Die Flammen erreichten auch das Dorf Avgaria, das etwa fünf Kilometer Luftlinie in einer Mischzone aus Wald und Landwirtschaft liegt. Auch in anderen Regionen, wie in der östlichen Mani, in Arkadien und Ilia, hat die Feuerwehr noch alle Hände voll zu tun: Dort konnten sich bereits gelöschte Brände neu entfachen.
Traurige Bilanz: zwei Todesopfer und zwei Schwerverletzte
Bisher hat die Feuerkatastrophe zwei Todesopfer gefordert, zwei weitere Menschen liegen mit schweren Verbrennungen auf der Intensivstation eines Athener Krankenhauses – bei allen Betroffenen handelt es sich um freiwillige Brandschutzhelfer.
Jüngsten Berechnungen zufolge wurden 88.800 Hektar Land von den Flammen verwüstet. U. a. ist man auch fieberhaft darum bemüht, Ausfälle bei der Stromversorgung zu beheben. Am Montag waren in Attika 10.000 und auf Euböa 8.000 Einwohner ohne elektrischen Strom. Allein in Attika sind mindestens 1.000 Strommasten vom Feuer zerstört worden.
Ministerpräsident Mitsotakis bittet um Entschuldigung
In einer Fernsehansprache bat Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis am Montagabend öffentlich um Entschuldigung wegen möglicher Fehler bei der Vorbeugung von Bränden und der Bekämpfung der Flammen in den letzten Tagen. Er versicherte, dass der Staat alles Menschenmögliche getan habe, um die Feuer zu bändigen. Leider sei das in vielen Fällen nicht ausreichend gewesen. In wenigen Tagen sei man „in allen Ecken Griechenlands“ mit 568 Bränden konfrontiert gewesen. Aufgrund mehrmonatiger Trockenheit und einer extremen Hitzewelle seien diese nur schwer zu löschen. All jene Bürger, deren Häuser und sonstiges Eigentum betroffen seien, würden entschädigt, die abgebrannten Waldgebiete würden aufgeforstet und gleichzeitig würden Maßnahmen gegen mögliche Überschwemmungen ergriffen.
Ermittlungen wegen eventueller krimineller Organisation
Unterdessen kündigte das Höchstgericht Areopag Ermittlungen gegen eine mögliche kriminelle Organisation wegen eventueller vorsätzlicher Brandstiftung an. Nahegelegt werde ein solcher Verdacht durch die „ungewöhnlich große Anzahl der Brände mit ungewöhnlicher Intensität und ungewohntem Ausmaß“. Man werde untersuchen, ob es sich um vorsätzliche, organisierte verbrecherische Aktivitäten gehandelt haben könnte.
Begrüßt wurde dieser Schritt von der sozialistischen Bewegung der Veränderung (KinAl). Sie forderte eine Ausweitung dieser Untersuchungen. Man müsse auch die „Verantwortung des Regierungsapparats wegen des Fehlens vorbeugender Maßnahmen und möglicher Fehler bei den Löscharbeiten“ beleuchten.
Die größte Oppositionspartei des Landes, SYRIZA, wirft der Regierung und den zuständigen Behörden fehlende Koordination bei den Löscharbeiten vor. Parteichef Alexis Tsipras sprach von einer „Katastrophe historischen Ausmaßes“. Hauptursache dafür sei der Klimawandel. Dieser dürfe jedoch nicht als Ausrede benutzt werden. Die Regierung trage eine schwere Verantwortung für die entstandene Lage. Vor allem bei der Bekämpfung der Feuerfront auf der Insel Euböa habe man „ohne jeglichen Plan“ agiert.
Gerüchte, wonach am Montag der Chef der griechischen Luftwaffe zurück getreten sein soll, wurden dementiert; Hintergrund soll laut Medienberichten eine unzureichende Unterstützung bei der Brandbekämpfung aus der Luft mit Militärhubschraubern des Typs Chinook gewesen sein, die für derartige Einsätze geeignet sind.
Solidarische Unterstützung aus vielen Ländern
Unterstützung erhält Griechenland von vielen Ländern, darunter aus der Schweiz mit drei Löschhubschraubern. Aus Deutschland sind 46 Feuerwehrfahrzeuge unterwegs, aus Österreich elf. Hilfe leisten ebenfalls Mannschaften aus Zypern, Polen, der Slowakei, Frankreich, Kroatien, Serbien, Rumänien, Spanien, Schweden, der Tschechischen Republik, der Ukraine, den USA, Israel, Ägypten und anderen Staaten.
Am Montag signalisierte Russland, zwei große Löschflugzeuge vom Typ Iljuschin sowie zwei Hubschrauber zu schicken. Die Brandbekämpfung sorgt auch für neue Brücken zwischen Athen und Ankara: Nach einem Telefonat zwischen Außenminister Nikos Dendias und seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu sagte die türkische Seite zu, zwei amphibische Löschflugzeuge vom Typ Canadair nach Griechenland abzukommandieren. Auch Privatunternehmen werden aktiv: Die griechische Unternehmensgruppe Mytilineos AG stellt dem Staat vier in Australien angemietete Hubschrauber einschließlich der benötigten Piloten und des Wartungspersonals zur Verfügung.
(Griechenland Zeitung / Jan Hübel)