Login RSS

Die verräterische Smartwatch Tagesthema

  • geschrieben von 
Foto (© Eurokinissi): Der geständige Mörder wurde am Freitag vor den Staatsanwalt geführt. Foto (© Eurokinissi): Der geständige Mörder wurde am Freitag vor den Staatsanwalt geführt.

Der Mord an einer 19-jährigen jungen Mutter im Athener Vorort Glyka Nera, der Anfang des Monats die griechische Öffentlichkeit erschüttert hatte, ist aufgeklärt: Der 32 Jahre alte Ehemann gestand die Tat, die er als Raubmord zu tarnen versucht hatte.


38 Tage dauerte das Katz- und Mausspiel zwischen der Polizei und dem Mörder einer 19-jährigen Britin, die ein elf Monate altes Baby hinterlässt. Der 32 Jahre alte Witwer wurde schließlich festgenommen – ausgerechnet nach der Gedenkmesse für die junge Studentin auf der Insel Alonnissos, wo sie aufgewachsen war. Die Beamten waren eigens mit einem Hubschrauber dorthin geflogen und baten den Mann, unauffällig mitzukommen – für eine weitere Aussage. Dem 32-jährigen Hubschrauberpiloten muss klar gewesen sein, dass das Spiel verloren ist. Angeblich wollte er sich nach der Messe auf Alonnissos ins Ausland absetzen, daher der Aufwand, einen Polizeihubschrauber aus Athen zu schicken. Nach einem siebenstündigen Marathonverhör knickte der Mann ein und gestand den Mord an seiner Frau. Seine Aussage änderte er mehrfach ab, aber die Indizien sind ziemlich eindeutig: Er hat die Frau im Schlaf mit einem Kissen erstickt und anschließend den angeblichen Raubmord inszeniert. Wie berichtet (GZ 775) waren laut Aussage des Hubschrauberpiloten in der Nacht zum 11. Mai drei maskierte Männer in das Haus der Familie in Glyka Nera nordöstlich von Athen eingedrungen, hatten zunächst den Hund erdrosselt und anschließend ihn und seine Frau gefesselt. Weil sie sich wehrte und um Hilfe rief, hätten die Räuber ihr Stofffetzen in den Mund gestopft, an denen sie erstickt sei.

Widersprüchliche Zeitangaben

Vor allem die elektronischen Indizien ergaben jedoch ein anderes Bild. So trug die junge Frau eine Smartwatch, die unter anderem den Herzschlag aufzeichnete. Laut Aussage der Gerichtsmedizinerin schlief sie bis etwa 4.05 Uhr ruhig. Plötzlich wird der Puls rasend schnell und erlischt dann völlig: Um 4.11 Uhr trat offenbar der Tod ein, zu einer anderen Zeit, als der Ehemann behauptet hatte. Vergleichbar zeichnete die Fitness-App auf dessen Smartphone Schritte zu einem Zeitpunkt auf, als er eigentlich gefesselt im Schlafzimmer liegen sollte. Die Polizei konnte genau rekonstruieren, wann der Mann vermutlich in den Keller gegangen war, um dort ein Fenster als angebliche Einbruchsstelle aus dem Rahmen zu schrauben. Auch waren zwar – angeblich von den Einbrechern – die Speicherkarten aus einer Sicherheitskamera im Wohnzimmer entfernt worden, die Kamera hatte aber die Uhrzeit festgehalten, die wiederum nicht zur Aussage des einzigen Zeugen passte. Hinzu kamen andere Beweise, wie etwa, dass die Spuren der Fesseln an dem Mann zu schwach waren, um die angebliche Dauer der Fesselung zu rechtfertigen, und das Urteil der Gerichtsmedizinerin, dass ein gesunder Mann in diesem Alter ohne Kopfverletzung unmöglich zwei Stunden lang ohnmächtig gewesen sein kann, wie behauptet. Genauso schwer wog, dass es keinerlei Spuren gab, die auf die Anwesenheit Dritter hindeuteten: Keine Bilder naher Sicherheitskameras zeigten die Täter, es gab kein verwertbares genetisches Material, Fingerabdrücke oder Zeugen. „Das ließ nur eine einzige andere Interpretation zu: Insofern es keine anderen Täter gab, die für den Mord verantwortlich waren, mussten sich die Ermittlungen zwangsläufig dem Ehemann zuwenden“, wie ein Polizeisprecher am Freitag sagte.

Tödliche Eheprobleme

Anders als in den Medien zunächst dargestellt, war die Ehe des jungen Paares alles andere als rosig. Wie die Auswertung von SMS aus der Mordnacht ergab, hatte sich das Paar gestritten und die junge Frau gedroht, mit dem Kind fortzugehen. Sie soll sogar bei verschiedenen Hotels und Plattformen für Kurzzeitvermietungen nach einer Unterkunft gesucht haben. Dass sie das Vorhaben nicht umsetzte, wurde ihr zum Verhängnis. Der Mann behauptete in seiner Aussage, sie sei nach der Geburt des Kindes aggressiv geworden, hätte zu Wutausbrüchen geneigt und ihn und das Kind abgelehnt – so auch in der Mordnacht. Was mit der kleinen Tochter geschehen wird, werden die Gerichte entscheiden. Vermutlich wird sie bei der Großmutter auf Alonnissos aufwachsen dürfen. Wenn man in den letzten Wochen genau hingehört hatte, kam die in den Medien klischeehaft beschworene „überraschende Wende“ in dem Mordfall so überraschend nicht. Die ganze Zeit über war von einem auffälligen Mangel an Spuren die Rede. Außerdem berichteten die Medien monoton von „zehn bekannten Schwerkriminellen, um die sich die Schlinge zuzieht“, ohne dass sich an der Ermittlungslage scheinbar etwas ändern würde. Es lag also nahe, dass in Wirklichkeit in einer völlig anderen Richtung ermittelt wurde. (GZak)

Nach oben

 Warenkorb