Weihnachten naht, und bei unserem Nachbarn Frankreich gehört die Foie gras, die Gänsestopfleber, auf den nationalen Festtagstisch. Doch was hat die wegen des Geruchs der Tierquälerei umstrittene Delikatesse mit Griechenland zu tun, werden Sie fragen. Es geht um die Etymologie.
Wer Griechisch kann, weiß, dass die Leber bei den Griechen heute „sykóti“ heißt. Das war aber nicht zu allen Zeiten so, denn die alten Griechen nannten sie „hépar“ (siehe Hepatitis). Sollte das „sykóti“ Sie an etwas anderes, nämlich an „sýko(n)“, also Feige, erinnern, dann liegen Sie richtig. Wie aber kommt die Leber zur Feige bzw. die Feige in die Leber? Schon die alten Griechen schätzten die Fettlebern von Gänsen – eine ursprünglich ägyptische Sitte – als besondere Delikatesse. Vor allem, wenn die Vögel vorher mit den süßen und schon in der Antike allgegenwärtigen Feigen gemästet wurden. Diese Lebern nannten die Griechen „hépar sykotón“, also in etwa „Feigenmastleber“. Das Substantiv „hépar“ fiel später weg, und es blieb als pars pro toto das Adjektiv übrig. Die Sitte, leckere Lebern durch das Mästen mit Feigen zu erzeugen, übernahmen von den Griechen die Römer. Entsprechend hieß diese Frühform der Foie gras bei ihnen „iecur ficatum“ (von „ficus“, Feige, was wiederum urverwandt mit „sýkon“ ist). Auch hier fiel das „iecur“ später fort und es blieb das „ficatum“, bzw. bei den Franzosen „foie“, bei den Italienern „fegato“ und bei den Spaniern „higado“.
Andreas Krause