«Μήνα που δεν έχει ρω βάνε στο κρασί νερό.»
(Mína pou dhen échei ‚R’ – Ro – váne sto krasí neró)
„Hat des Monats Name kein ‚R’, vermenge Deinen Wein mit Wasser.“
Im Mai könnten in Griechenland eigentlich die Gespräche über das Wetter aufhören. Er ist der Monat, in dem der endgültige Sieg der Natur über den Winter zelebriert wird. Es beginnt die kalokairía, die Zeit der Schönwettermonate.
Der Name des fünften Monats des Jahres leitet sich ab von der römischen Göttin Maia, und in griechischen Quellen kann man lesen, dass diese wiederum ihre Vorläuferin in der Nymphe Μαία (Maia) hat, eine der sieben Töchter des Atlas, die heute als die sieben Plejaden den Sternenhimmel zieren.
Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit, mit Streiks und Demos; davor, also vor 1890, flocht man in Griechenland nur einen Blumenkranz. Um ganz sicher zu gehen, band man zwischen die Blüten und das Grünzeug Knoblauch mit ein oder eine Distel, was Böses abwehrend wirken sollte. Auf der Insel Milos freute man sich über den Wonnemonat mit folgendem Spruch: „Raus mit den Läusen und Flöhen, den Ungeheuern und den Mäusen, herein mit dem Reichtum und der Freude und der Muttergottes.“ Wenn es denn mal regnete an diesem Ersten des Monats, fanden vor allem die Frauen nichts Schlechtes daran – ihre Haare sollten dadurch gestärkt und voller werden.
Der Mai berauscht die Sinne! Gerade deswegen heißt es: Aufgepasst! Wein pur zu genießen, ist „verboten“. Denn: Zusammen mit der beginnenden Hitze könnte er einem leicht zu Kopf steigen. Gefährlich ist dieser Monat vor allem für die heiratsfähigen Mädchen. Früher war das jedenfalls so. Sie werden gewarnt vorm Rebensaft und … vor den Burschen, die jahreszeitlich bedingt betört und mit verdächtigen Absichten herumschleichen. „Ihr Schönen, ihr Schwarzäugigen, trinkt keinen Wein und legt Euch nicht im Freien nieder, / Diebe sind unterwegs auf der Jagd nach Küssen“, heißt es in einem griechischen Volkslied.
Alles in allem zeigt uns der Wonnemonat ein freundliches Gesicht, auch wenn er einen Bösen Zauber ausüben kann. Dagegen braucht eine Menschengruppe aber ohnehin keine Vorkehrungen zu treffen: die Maigeborenen. Ihnen kann die dunkle Mai-Seite nicht das Geringste anhaben.
(Griechenland Zeitung / rs)