Im Jahr 1979 verließen wir nach sechsjährigem Aufenthalt Griechenland und kehrten in den Norden zurück. Viele Jahre später, vielleicht Ende der Achtzigerjahre, ich weiß es nicht mehr genau, führte uns eine Reise wieder durch die Stadt.
Franziska erinnerte sich, als wir vorbei kamen, an den Schuh- und Kinderladen, in dem sie öfters für eines unserer Kinder eingekauft hatte. Wir betraten den Laden, der am Weg lag – und siehe da – was einem hierzulande in Deutschland oder Österreich kaum passieren könnte – der Ladeninhaber brach in lautes Freudengeschrei aus über die unvermutete Wiederbegegnung, sperrte sofort sein Geschäft zu um mit uns, seinen alten Kunden, einen Kaffee trinken zu gehen. Eine ursprüngliche Form der Herzlichkeit, die uns Nordländern, fürchte ich, längst verloren ging.
Text und Zeichnung aus unserer Neuerscheinung: „Gesichter Griechenlands“.
Die „Gesichter Griechenlands“ von Melchior Frommel sind einmalige Momentaufnahmen von Hellas, die ein wunderbar nostalgisches Gesamtbild eines außergewöhnlichen Landes ergeben. Als Leitfaden dienen die mehr als 100 Porträts von Alten, Frauen, Kindern und Burschen sowie Landschafts- und Milieustudien. Dekoriert sind die Zeichnungen mit originellen Texten aus 60 Jahren. Frommel „ist ein Künstler, der schon auf seinen ersten Reisen nach Griechenland unsere einfachen Menschen geliebt hat und, fasziniert von ihrer Physiognomie, sie zu zeichnen begann.“ Das schreibt der griechische Literat und Übersetzer Dinos Christianopoulos. Für den Künstler war es leicht, in Griechenland „auf Menschenfang“ zu gehen, wo „die Landschaft und die alte Kunst ihre Ergänzung im lebendigen Alltag“ fanden. In den Gesichtern der Menschen, die Frommel abbildet, findet man auch ein Griechenland wieder, wie es einmal war Und für diese Authentizität garantiert das Eingeständnis des Künstlers: „Nirgendwo kann ich Menschen so frei gegenüber sitzen wie hier in Griechenland.“