In den Bergen Griechenlands lebten einst Räuberbanden, die, um ihren Hunger zu stillen, den Bauern das Vieh klauten. Es heißt, dass die kleftes (dt. Räuber) das Fleisch aufgrund ihrer Lebensweise in versteckten, eingegrabenen Lehmöfen zubereiteten. Während sie ihren gesetzeswidrigen Taten nachgingen, ließen sie das Fleisch über viele Stunden oder über ganze Tage garen. Diesen Schmorbraten nennt man Kleftiko.
Als im Jahr 1821 der griechische Unabhängigkeitskampf gegen die osmanische Vorherrschaft begann, wurde das Nationalbewusstsein der kleftes angestachelt, und sie gewannen eine neue Stellung in der Gesellschaft. Denn niemand kannte sich besser in den Bergen aus als dieses aufsässige Volk, die Räuberbanden verfügten über ausgefeilte Angriffsstrategien und kannten Verstecke, in denen kein Osmane sie aufzuspüren imstande war. Den Osmanen, so heißt es in einem Roman, erschien es zuweilen, als führten sie einen Kampf gegen Geister. So kam es, dass die einst gehassten und gefürchteten Räuber sich zu militanten und erfolgreichen Unabhängigkeitskämpfern mauserten. Sie wurden zu Freiheitskämpfern und heimsten nunmehr den Respekt des griechischen Volkes ein, das jahrhundertelang von einer Fremdherrschaft dominiert worden war. Im späteren griechischen Bürgerkrieg wurden die einstigen Viehdiebe als Guerillakämpfer eingesetzt. Daher steht die kleftouria für eine rebellische Lebensart. Im Geist des nationalen Bewusstseins heiligte der Zweck die Mittel, der Hunger nach Selbstbestimmung und das Recht auf Freiheit rechtfertigten es, mit den bestehenden Gesetze zu brechen. Heutzutage ist das Kleftiko eine Delikatesse und ein beliebtes Nationalgericht. Die Räuberspeise wird aus Ziege, Lamm oder Rindfleisch zubereitet, mit Zitronensaft, Salz und Oregano gewürzt und im Lehmofen gebacken. Der Ofen gehört luftdicht verschlossen, das Kleftiko kann bereits nach dreistündigem Schmoren serviert werden, schmeckt aber noch köstlicher, wenn es wie zu Räuberzeiten zwei Tage im Ofen verbracht hat. (Text: Linda Graf; Foto: GZek)