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Zum Schreiben berufen - Griechische Autorin Lila Konomara im Portrait

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Lila Konomara in der „Villa Concordia“ (Foto: Michael Aust) Lila Konomara in der „Villa Concordia“ (Foto: Michael Aust)

8 griechische Künstler aus den Bereichen der Literatur, der Musik und der Visuellen Kunst leben und arbeiten zwischen April 2017 und März 2018 für 5 bis 11 Monate im Internationalen Künstlerhaus „Villa Concordia“ im oberfränkischen Bamberg. Die Autorin Lila Konomara war fünf Monaten als Stipendiatin im Künsterhaus und konnte sich in inspirierender Atmosphäre ganz auf das Schreiben konzentrieren.

„Ich glaube, dass jedem Menschen ein Platz in dieser Welt gebührt. Meine Berufung ist das Schreiben.“ (Lila Konomara)

Im letzten September ist Lila Konomara nach fünf Monaten als Residenz-Stipendiatin der Villa Concordia wieder in ihren Athener Alltag eingetaucht. Vom Schreiben alleine können in Griechenland nur sehr wenige leben, und so muss auch Konomara, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, Französischunterricht erteilen und hin und wieder ein Buch aus dem Französischen übersetzen, den unsäglich niedrigen Honoraren im krisengeplagten Griechenland zum Trotz. An ihre Bamberger Zeit denkt sie gerne, manchmal sogar mit etwas Wehmut zurück.

Bamberg sei ein Geschenk für sie gewesen, auf ganzer Linie. Abgesehen davon, dass sie in einer wunderschönen Stadt leben durfte, konnte sie sich in der inspirierenden Atmosphäre der am Regnitz-Ufer gelegenen Barockvilla ganz auf das Schreiben konzentrieren. Noch bevor sie sich von Bamberg verabschiedete, stellte sie ihren neuen Roman fertig. Anfang April wird er unter dem Titel O kosmos aftos as paramini (Sie bleibe, diese Welt) – inspiriert von einem Gedicht des französischen Dichters Yves Bonnefoy – im Athener Traditionsverlag Kedros erscheinen. Darin, so viel schickte sie voraus, werden Themen des Übergangs, des Erinnerns und der Zeit behandelt, wobei Konomara Zeit in Analogie zum Verständnis der alten Griechen als einen Zyklus begreift. Vergegenwärtigt man sich ihr bisheriges, sieben Prosawerke umfassendes Oeuvre, wird man feststellen, dass diese Themen sie seit jeher beschäftigen.

In ihrem letzten Buch, dem von der Kritik hochgelobtem, 2014 ebenfalls bei Kedros erschienenen Erzählungsband Oi Anysichies tou Geometri (Die Besorgnisse des Geometrikers) versucht sie sich etwa an einer Neuformulierung bekannter antiker Mythen und setzt diese mit der Geschichte Griechenlands von der Antike bis zur Gegenwart in Zusammenhang. Die Sprache nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein, und zwar in doppelter Hinsicht: Einerseits verleiht sie dem historischen Übergang Ausdruck, andererseits ist sie selbst dem historischen Werden ausgesetzt und muss sich fortwährend erneuern.

Ein weiteres fundamentales Element ihrer Literatur ist die Dialektik zwischen Realität und Phantasie, die sich durch all ihre Texte wie ein roter Faden zieht. Sie selbst hat einmal das Phantastische mit einem Türöffner verglichen, der das kompakte Gebäude des Realismus einen Spaltbreit öffnet. „Es verwischt die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und führt in die Erzählung den Zweifel ein, den Doppelsinn, der auch als Allegorie gelesen werden kann, die politische, soziale und existentielle Fragen reflektiert.“

An die Tradition der phantastischen Literatur knüpfte sie bereits mit ihrem Debütwerk, dem preisgekrönten Novellen-Diptychon Macao an, das sie mit einem Schlag, wenn auch erst im vergleichsweise reifen Alter von 39 Jahren, in den Rang der bedeutendsten Prosastimmen Griechenlands hinaufkatapultierte. Heute gilt Konomara als Erneuerin einer phantastischen Literatur, bei der sich das Phantastische jedoch niemals verselbständigt, sondern stets in den Dienst der Realität gestellt wird, die es so lange durchdringt, bis jeder illusionäre Schein von ihr abfällt. Bleibt zu wünschen, dass ihr endlich auch im deutschsprachigen Raum die Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, die sie sich aufgrund ihres bisherigen literarischen Werkes eigentlich schon längst verdient hat.

Theo Votsos

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