Die griechisch-türkischen Beziehungen haben sich in den vergangenen Tagen weiter eingetrübt. Es kam zu zahlreichen Verletzungen des griechischen Luftraums durch Kampfflugzeuge aus dem Nachbarland. Zudem entsandte Ankara am Montag dieser Woche erneut das Forschungsschiff Cesme in die nordöstliche Ägäis. Es operierte im Dreieck Samothraki – Halbinsel Chalkidiki – Limnos.
Begleitet wurden seine Aktivitäten von der griechischen Marine. Erst vor wenigen Tagen war eine türkische Fregatte bei den Felseninseln Imia, wo es Anfang 1996 beinahe zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen beiden Ländern gekommen wäre, in griechische Hoheitsgewässer eingedrungen. Von griechischer Seite war das Kanonenboot „Nikiforos“ im Einsatz, um das Kriegsschiff zum Abdrehen zu bewegen, es ereigneten sich weitere ähnliche Vorfälle.
Nicht zuletzt war es am Wochenende zu einem scharfen Wortwechsel zwischen zwei hochrangigen türkischen bzw. griechischen Regierungsmitgliedern gekommen. Anlass boten wieder einmal die griechische Felseninseln Imia, deren Hoheit die türkische Seite entgegen internationaler Verträge immer wieder als „Grauzone“ einstuft. Provokant erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, dass sein Land die beiden Felseninseln „immer dann betreten“ habe, „wenn es notwendig war“. Er ließ durchdringen, dass man in der Lage sei, dies jederzeit zu wiederholen. Griechenlands Verteidigungsminister Panos Kammenos hatte daraufhin in einem Interview gekontert: „Es ist ausgeschlossen, dass sie (die Türken; Anm. d. R.) einen Fuß auf eine griechische Insel setzen.“ Sollte Ankara aber tatsächlich so etwas versuchen, dann werde Athen entsprechend darauf reagieren. Sinngemäß fügte er hinzu: Man solle sie ruhig kommen lassen, dann werde man ja sehen, wie sie wieder von dort wegkommen wollen. Çavuşoğlu bezeichnete Kammenos daraufhin als ein „schlecht erzogenes Kind, das Minister ist“. Der Verteidigungsminister, der mit seinen rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (ANEL) Juniorpartner im Kabinett des Linkspolitikers Alexis Tsipras ist, hatte in seinem Interview auch scharfe Kritik an der früheren PASOK-Regierung unter Kostas Simitis und am damaligen Außenminister Theodoros Pangalos geübt; nachdem auf Imia Ende Januar 1996 ein türkisches Kommando gelandet war, hatte die damalige sozialistische Regierung Flottenverbände in die Region entsandt, war aber gleichzeitig darum bemüht, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen, was nach einer Zitterpartie letztlich auch gelang.
„Pol der Stabilität in einer sehr bewegten Region“
Besorgt zeigte sich angesichts der jüngsten Entwicklungen auch der Sekretär des Zentralkomitees der Regierungspartei SYRIZA, Panajotis Rigas. Er appellierte – offenbar auch an die Adresse des Verteidigungsministers gerichtet, man solle bei derartig heiklen Themen „vorsichtig bei der öffentlichen Wortwahl sein“. Die politische Haltung der Regierung sei klar: „Wir bleiben ein Pol der Stabilität in einer sehr bewegten Region“. Außerdem käme das friedliche Zusammenleben beiden Völkern zu Gute. Die Anspielungen, die Kammenos über die einstigen sozialistischen Spitzenpolitiker Simitis und Pangalos gemacht hatte, blieben seitens der PASOK nicht unkommentiert. In einer Erklärung hieß es: „Genau weil Herr Tsipras Premierminister ist und Herr Kammenos Minister, sind wir beunruhigt, was die Handhabung der nationalen Themen betrifft.“ (Griechenland Zeitung / jh)
Unser Archivfoto entstand am 1. Februar 2017 und zeigt Verteidigungsminister Panos Kammenos in einem Hubschrauber des griechischen Militärs bei den beiden Felseninseln Imia in der östlichen Ägäis. Anlass war der Abwurf eines Gedenkkranzes an jener Stelle, wo vor 21 Jahren drei griechische Offiziere beim Absturz eines Hubschraubers ums Leben kamen. Um ein Haar wären die damaligen Ereignisse zu einem bewaffneten Zwischenfall eskaliert.