Aus aktuellen Ermittlungen der Polizei in dem Fall der ermordeten Medizinstudentin Maria L. in Freiburg geht hervor, dass der als Täter identifizierte angeblich 17-jährige Hussein K. bereits vorbestraft ist. Im Jahre 2013 hatte er auf der griechischen Insel Korfu die Studentin Spyridoula Ch. von einer Klippe gestürzt. Das hat ein Abgleich der Fingerabdrücke des dringend Tatverdächtigen aus dem aktuellen Fall mit denen des verurteilten Mannes von damals ergeben, wie am heutigen Donnerstag bekanntgegeben wurde.
In der Nacht von dem 15. auf den 16. November dieses Jahres war die 19-jährige Medizinstudentin Maria L. in der Nähe des Schwarzwaldes vergewaltigt und kurze Zeit später im Fluss Dreisam ertrunken aufgefunden worden. Als Täter konnte der angeblich 17-jährige Hussein K., ein persisch sprechender Afghane, der im November 2015 über Österreich nach Deutschland eingereist war, identifiziert werden.
Bereits seit mehreren Tagen gibt es starke Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Tod von Maria L. und einem Fall, der sich in der Nacht des 26. Mai 2013 auf der griechischen Insel Korfu zugetragen hat: Die damals 20-jährige Studentin Spyridoula Ch. wurde in dem Viertel Mouragia von Kerkyra von Hussein K. zuerst überfallen und anschließend eine acht Meter tiefe Klippe heruntergestoßen. Sie überlebte den Sturz schwer verletzt. U. a. wegen ihrer guten körperlichen Verfassung konnte sie sich relativ schnell erholen.
Auch auf Korfu gab Hussein K. nach seiner Festnahme an, 17 Jahre alt zu sein. Seiner damaligen Anwältin Maria-Eleni Nikolopoulou zufolge wurde sein Alter auf Anordnung der Behörden mittels medizinischer Untersuchungen geprüft. Er wurde daraufhin nach Jugendstrafrecht zu der möglichen Höchststrafe von zehn Jahren Haft verurteilt.
Von Athen nach Freiburg
Seine Haftstrafe saß Hussein K. im Jugendgefängnis der mittelgriechischen Stadt Volos ab. Während dieser Zeit nahm er Griechisch-Unterricht und machte einen Schulabschluss, wie die Zeitung „Thessalia“ berichtet. Im Oktober 2015 wurde er wegen guter Führung auf Grundlage geltenden Rechts nach nur eineinhalb Jahren freigelassen. Als er der Auflage, sich zu Beginn jedes Monats bei der Polizeistelle Agios Panteleimonas in Athen zu melden, in den ersten Dezembertagen 2015 nicht mehr nachkam, beantragte die Wache – so die Tageszeitung „Ethnos“ – die Aufhebung seiner Freilassung.
Offenbar flüchtete Hussein K. über Österreich nach Deutschland, wo er bei seiner Ankunft angab, 16 Jahre alt zu sein. Da er ohne Papiere einreiste, konnte sein Alter nicht überprüft werden. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ verzichteten die Behörden in Freiburg auf ein Röntgenverfahren zur Bestimmung des Alters, da es wegen ungenügender Verlässlichkeit kürzlich stark in die Kritik geraten war. Zwar wurden die Fingerabdrücke des Mannes in die Datenbank Eurodac sowie in Fahndungsdateien von Interpol und des Schengen-Systems eingegeben, der vermeintlich Minderjährige war jedoch nicht registriert. Er wurde daraufhin in das Betreuungssystem für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMA) aufgenommen und lebte bis zum Tatzeitpunkt bei einem afghanischen Akademiker und dessen Frau im Osten Freiburgs.
„Er hat in Deutschland eine zweite Chance bekommen, sich in die europäische Gesellschaft zu integrieren, und sie völlig vertan“, kommentierte Nikolopoulou Hussein K.s Aufnahme in das System UMA gegenüber griechischen Medien.
Von deutscher Seite wird nun Kritik laut, dass Griechenland den mutmaßlichen Täter von Freiburg bereits im Dezember 2015 zur internationalen Fahndung hätte ausschreiben müssen. In diesem Fall wären die Behörden in Deutschland auf den Mann aufmerksam geworden.
Leoni Wartenberg