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Kavala

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Kavala

Mir gefällt es viel Zeit in der nordgriechischen Hafenstadt Kavala verbringen zu können. Zwölf Jahre sind es her, seit ich im August 2009 zum ersten Mal dort ankam. Zwölf Jahre, in der wir uns Zeit genommen haben, uns erst anzunähern, und nach und nach auch anzufreunden.


Ist unsere erste Begegnung für mich ein Kulturschock gewesen? Nein, das ist übertrieben. Aber gewöhnungsbedürftig, herausfordernd …? Ja, so kann man es sagen. Dass beispielsweise griechische Mitautomobilisten die ausgezogene Sicherheitslinie auf der Mitte der Strasse nicht als eine verbindliche Verhaltensanweisung verstehen, sondern eher als Anregung interpretieren, wie man sich – sollte es irgendwie zu machen sein – auch verhalten könnte, erstaunte den Neuankömmling aus Helvetien. Wenn es diesem im Kampf um einen der knappen Parkplätze zum ersten Mal gelang, diesen mit einer «offensiven Fahrweise» einem griechischen Zeitgenossen wegzuschnappen, war das schon ein gutes Gefühl. Ein erster Anflug von Hellenita war spürbar, und erste Gefühle von Sympathie und Zuneigung fingen an, sich zu regen.

Diese Zeilen sollen kein Plädoyer für verantwortungsloses Verhalten im Strassenverkehr sein. Die vielen Proskinitárias an den Strassen und auch die Statistik sprechen eine deutliche Sprache. Trotzdem. Ich kann der «forschen Fahrweise» der griechischen Automobilisten auch Positives abgewinnen. Ist es nicht ein Symbol für den Standpunkt, dass das Gesetz dem Menschen, und nicht der Mensch dem Gesetz dienen soll?

Eine Lebenshaltung, welche sich die Griechen verinnerlicht zu haben scheinen. Mit vielen Vorteilen, und auch dem einen oder anderen Nachteil. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte: Liebe Griechinnen und Griechen, bleibt euch treu und lasst euch nicht verbiegen.

Text und Foto: Hans Peter Flückiger

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