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Lesvos – der Weg einer Liebe

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Lesvos – der Weg einer Liebe

Der Anfang- Mai 1987

Marlies, meine damalige Lebensgefährtin, zeigte mir in der Zeitung eine kleine Anzeige, in der eine Ferien-wohnung auf der griechischen Insel Lesvos recht preiswert angeboten wurde. Ungewöhnlich erschien uns die deutsche Telefonnummer. Wie sich später herausstellte, war es die Telefonnummer eines Ehepaares, deren Sohn nach Griechenland ausgewandert war, dort eine griechische Frau geheiratet hatte und ein recht erfolgreiches Installateurgeschäft aufgemacht hatte.  

Ich hatte meine Griechenlandliebe bereits seit 1972 entdeckt, wo ich mit meiner damaligen Freundin zum ersten Mal per Anhalter aufgebrochen war. Der wunderbare erste Aufenthalt auf der kleinen griechischen Insel Kithnos wäre eine eigene Geschichte.
Nur soviel: meine Flamme für Griechenland war entzündet. Und mit jedem der mehr als dreißig Aufenthalte in diesem Land sollte sie heller lodern.

Der erste Aufenthalt – Juni 1987

Dieter, der besagte deutsche Installateur, holte uns vom Flugplatz ab. Nach dem kühlen Wetter beim Abflug in Deutschland umfing uns gleich eine wunderschöne Wärme, als wir aus dem Flugzeug in Lesvos ausstiegen.Die Ferienwohnung war die Parterrewohnung des Hauses von Dieter und seiner griechischen Frau Eleni, die im Obergeschoss wohnten.

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Als Willkommensgruss hatte Eleni ein wunderbares griechisches Essen gezaubert. Wir fühlten uns gleich heimisch und aufgenommen.


In den folgenden Tagen erkundeten wir erst einmal zu Fuss die nähere Umgebung, suchten danach, wo wir unsere Lebensmittel kaufen konnten und fuhren mit dem Bus zu der Inselhauptstadt Mytilini, einer pulsierenden Kleinstadt mit ca. 30000 Einwohnern. Besonders hatte uns hier die Einkaufsstrasse mit ihren vielen kleinen Geschäften angetan. Wir fühlten uns dort wie auf einen asiatischen Basar. Trotzdem waren die Verkäufer nicht aufdringlich und bei Interesse waren sie sehr hilfreich, uns alles  zu erklären. Ein schönes Panorama boten auch die vielen Restaurants, Cafes und Bars, die um den Hafen der Inselhauptstadt angelegt waren.


Selbst unser einjährige Sohn Florian, den wir mit auf die Reise genommen hatten, schien das pulsierende Leben zu genießen. Die Tage vergingen wie im Fluge.
Die drittgrößte Insel Griechenlands bot uns in ihrer Vielschichtigkeit der Landschaft und ihren  Sehenswürdigkeiten ein großes Bündel von zahlreichen und zum Teil bewegenden Eindrücken.


Leider zeigte sich nach einer Woche, dass ich und Marlies unsere vor der Abfahrt entstandenen Missklänge in unserer Beziehung am Anfang des Urlaubs noch haben überdecken können. Aber mit unserer unterschiedlichen Auffassung, wie wir unseren Sohn Florian in unseren Urlaub integrieren könnten, entspann sich nach einer Woche ein großer Streit, der dann auch unsere Beziehung berührte. Hinzu kam, dass meine sich immer mehr abzeichnende Begeisterung für diese Insel leider nicht von Marlies geteilt wurde.


So unternahm ich immer mehr Ausflüge mit unserem Sohn Florian alleine. Dabei kam ich auch immer sehr schnell in Kontakt mit Einheimischen, die häufig darüber erstaunt waren, dass ein Mann mit einem Kind im Kinderwagen ohne Frau unterwegs war.


Getränkt mit vielen schönen Erfahrungen von Land und Leuten auf dieser Insel, stieg ich nach zwei Wochen Urlaub in das Flugzeug, das mich, meine Lebensgefährtin Marlies und unseren Sohn Florian zurück nach Deutschland brachte.
Nach zwei Wochen ging dann leider auch die Beziehung mit meiner Lebensgefährtin zu Ende.

Eirini – Mai 1995

Nachdem ich 1987 noch mit meinem zweiten damals neunjährigen Sohn Stefan einen sehr schönen zweiwöchigen Urlaub auf der Insel verbracht hatte, bin ich im Mai 1995 zum ersten Mal alleine nach Lesvos geflogen. Dort erlebte ich auch zum ersten Mal ein böses Erwachen, als mir der griechischer Vermieter eines Apartments einen völlig anderen Preis für das Apartment nannte, als wir vorher telefonisch ausgemacht hatten. Aber mein Ärger war vollkommen verraucht, als mir folgende Geschichte passierte.

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Ich besuchte eine kleine Bar in der Nähe eines kleinen Dorfes. Dort bestellte ich bei einer Barfrau mein Lieblingsgetränk. Wenig Campari mit viel Orangensaft.
Und dann passierte es. Unsere Augen trafen sich.
Sie lächelte und sagte mit einer warmen Stimme: „Parakalo.“ Ich spürte, wie ich vollkommen berührt war von den Augen, der Stimme und ihren Körper, den ich ebenfalls in Augenschein nahm. Mit meinen damals wenigen Worten in Griechisch konnte ich leicht bewegt sagen: „Eucharisto poli.“ Sie bediente dann die anderen männlichen Gäste, bei denen ich sah, dass sie sich auch immer lieber von dieser Barfrau bedienen liessen, als von den anderen beiden Barfrauen.


Plötzlich forderten mich ein paar griechische Männer auf, mit ihnen zu tanzen. Obwohl ich zunächst ablehnte, blieben Sie hartnäckig. Sie forderten mich in brüchigem English auf, in die Mitte des Kreises zu gehen und so zu tanzen, wie ich es möchte. Beim Tanzen blickte ich herüber zu der Barfrau, die mich bediente. Und wieder sah ich ihr Lächeln, in dem ich zu lesen glaubte: „Weiter so, mein Junge. Du machst das gut“


Nach meiner Tanzeinlage und dem dritten Glas Campari-Orange fasste ich den Mut, sie auf English nach ihrem Namen zu fragen. Sie antwortete:“ Eirini, and you?“ Ich sagte meine Namen. Daraus entspann sich dann eine längere Unterhaltung.


Leider sprach sie nur wenig Englisch und ich konnte damals leider noch wenig Griechisch, das ich erst später in den Jahren 2000 bis 2004 in Kursen an der Universität Essen nachholte.
Nach dem dritten Besuch in der Bar fühlte ich, dass – was ich bei ihrer Beliebtheit bei den griechischen Männern nie erwartet hätte- sie sich immer mehr mir zuwandte. Schließlich kam ihre Einladung für mich in ihre Wohnung, wo sie mir ein schönes griechisches Essen anbot. Daraus entstand eine fast zweiwöchige wunderbare Liebesbeziehung, deren Fortsetzung ich mir dadurch wünschte, dass ich irgendeinen Job auf der Insel finden könnte, um für immer auf der Insel zu bleiben. Aber meine Bemühungen liefen alle ins Leere, und Eirini wollte auch nicht mit mir nach Deutschland kommen.

In der Abflughalle gab es dann einen für uns beide sehr schmerzlichen Abschied mit zahlreichen Tränen.

Die nächsten siebzehn Jahre konnte ich aus verschiedenen Gründen nicht nach Lesvos kommen.

2012 haben wir uns dann noch mal dort wiedergesehen. Sie hatte ihren Job auf Lesvos verloren und wollte jetzt aufs Festland ziehen, um dort in das Haus ihrer kranken Mutter zu ziehen. Es war ein herzliches Wiedersehen. Aber wir wussten, für uns wird es keine gemeinsame Zukunft geben.

„Pallas Sarlitza“- ein Lebenstraum – seit 1995

Bei einem Spaziergang in der Umgebung des Hotels „Votsala“ in Pirgi Thermis ist mir zum ersten Mal das recht verfallene Hotel „Pallas Sarlitza“ mit dem angrenzenden Thermalbad aufgefallen. In mir reifte gleich der Wunsch, dieses alte Hotel zu restaurieren und dort ein „Europäisches Zentrum für Interkulturelle Erziehung und Interkulturelles Leben“ einzurichten.

Fast zwanzig Jahre hatte ich auf lokaler Ebene so ein Zentrum geleitet, und nun sah ich aus verschiedenen Gründen die Möglichkeit, diese Erfahrungen auf eine europäische Ebene zu haben. Lange Zeit ließ ich diesen Gedanken beiseite, da ich lange Zeit durch andere Aktivitäten in Deutschland gebunden war.


2012 entwickelte ich dann ein Konzept, das ich Freunden, die auch eine intensive Beziehung zu Lesvos hatten, vorlegte. Daraus entstand eine zwölfköpfige Projektgruppe aus Griechen, Deutschen und Schweitzern, die an einer Realisierung des Projektes arbeiten wollten.
Es stellte sich heraus, dass  die bürokratischen Probleme und die Haltung des Eigentümers, des Pensionsfonds der griechischen Ärzte, einer kurzfristigen Realisierung im Wege standen und auch noch stehen.


Wir haben dann auch die möglichen Funktionen für das zu restaurierende Hotel erweitert. Neben dem Zentrum könnte auch ein Kultur- und Kongresszentrum und ein Hotel für kurende Gäste in dem ebenfalls zu renovierenden Thermalbad realisiert werden.
Anfang des nächsten Jahres werden wir unsere Vorstellungen den politisch Verantwortlichen und dem Pensionsfonds vorschlagen.


Ich weiß nicht warum, aber in mir wird es immer mehr zur Gewissheit, dass mein Lebenstraum dank der Unterstützung vieler engagierter Menschen aus verschiedenen Ländern, besonders aber griechischer Unterstützer, Wirklichkeit werden kann.


Es ist die tiefe Liebe zu dieser Insel, die mir die Kraft gibt, ein solches Mammutprojekt auf den Weg zu bringen. Darum werde ich auch ab dem nächsten Jahr vier Monate in der Nähe des Projektes eine Wohnung in einem benachbarten Dorf beziehen.
Aber es ist nicht nur die Arbeit für das Projekt, sondern einfach die Liebe zu den Menschen dieser Insel, von denen eine Freundin aus Athen mir etwas abfällig sagte, dass die Lesvianer so etwas wie die Friesen in Deutschland seien.


Für mich waren die Erfahrungen mit den Menschen und der Landschaft überwiegend allerdings ganz andere. Für mich ist Lesvos zu meiner zweiten Heimat geworden, für die ich meine ganze Kraft einsetze, um die Insel noch liebenswerter und attraktiver zu machen.   

Bernd Joemann

Dieser Beitrag und das Foto wurde uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Bernd Joemann zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!

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