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Mein - unser Weg nach Koroni

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Mein - unser Weg nach Koroni

Meine Beziehung zum modernen Griechenland begann an einem Mittwochnachmittag Anfang August 1961. Mein Chef rief mich unerwartet in sein Büro. Kurz und bündig erklärte er „wir suchen dringend einen Ingenieur, der in Kalamata eine Verdampferanlage montiert und in Betrieb nimmt. Auf meinen fragenden Blick sagte er „Kalamata liegt in Griechenland. Sie müssen aber am Samstag reisen“. Jung, ungebunden und mit einer Griechischmatura sagte ich sofort zu. „Gut,  hier sind die Dokumente, in diesem Paket ist noch Material für die Anlage, das Sekretariat organisiert ihre Reise. Viel Erfolg und gute Reise!“

In Kalamata lehrte mich am ersten Abend der Kellner einer Taverne die griechische Art ohne Sprachkenntnisse die Speisen zu wählen. Er führte mich in die Küche und zeigte mir die Töpfe. Am nächsten Morgen holte mich Giorgo, mehrsprachig, Mitglied der Besitzerfamilie ab. Wir verstanden uns sofort gut und er wurde zur idealen Bezugsperson für die Fabrik und allgemeine Fragen. Er führte mich zum Essen aus und lehrte mich Retsina trinken d.h. erst Schlückchen für Schlückchen und dann nach drei Tagen ein ganzes Glas. Giorgo zeigte mir viel kulturell Interessantes. Er nahm mich zweimal mit nach Koroni, die kleine Stadt, die seine Familie so liebte. Da gab es damals noch kein Hotel. Ich übernachtete im Gasthaus des Frauenklosters für weniger als eine Drachme. Die Einrichtung war einfach - eine Pritsche mit dünner Matratze. Dank ein paar Ouzo und mehr als einem Glas Retsina konnte ich gut schlafen, erwachte allerdings einmal wegen eines unbekannten Geräusches. Es tönte als ob ein Fenster sich langsam in einem rostigen Scharnier hin und her bewegte. Ich konnte allerdings nichts sehen. Am Morgen erfuhr ich dann, dass es der Ruf eines Esel war!


Nach rund vier Wochen konnte ich meine Arbeit in der Fabrik zur Zufriedenheit der Besitzer abschliessen. Für die Rückreise nach Athen nahm ich die Bahn, vergass aber Speis und Trank für die siebenstündige Fahrt zu kaufen. Einmal mehr erfuhr ich so die herzliche Gastfreundschaft von unbekannten Griechen einem Fremden gegenüber. In Athen führte mich die Familie von Giorgos Schwester, Iphinoi, ihr Gatte Vassos und deren Tochter Maria ins Plaka zum Abschiedsessen. Per Zufall saß am Nebentisch der damals schon bekannte Komponist Theodorakis und im Hintergrund spielte eine Kapelle all seine bekannten Melodien - ein traumhaft schöner letzter Abend. Die Musik klang noch lange in mir nach. Klar, dass ich wieder in dieses schöne Land mit diesen herzlichen Menschen zurückkehren wollte.


Das nächst mal war 1965, jetzt verheirat, zusammen mit meiner Frau für einige Ferientage. Nebst Athen sahen wir uns viele Sehenswürdigkeiten auf dem Peloponnes an. In Kalamata war wieder Giorgo der ideale Gastgeber. Er wollte uns unbedingt Sparta seinen Heimatort zeigen sowie in Pyrgos Dirou die neu entdeckten Tropfsteinhöhlen. Leider hatten wir diesmal keine Zeit für Koroni.


Die dritte Reise nach Hellas war 1968, diesmal zu viert mit Schwägerin und Schwager. Wir hatten uns ausserhalb von Koroni am Meer ein einfaches Häuschen ohne Strom und ohne fließendes Wasser aber mit Ziehbrunnen organisiert. Bald hatten wir Elveti einige Freunde unter der Jugend von Koroni. Das Häuschen war ein idealer Ort um ganze Nächte durch zu feiern. Um den Wein zu kühlen ließen wir ihn ins Bigadi hinab, vermutlich blieben ein paar Flaschen unten. (Jahre später hörten wir, dass bei einer Bigadireinigung ein paar Flaschen gefunden wurden und noch trinkbar waren).

TraubenMeer vom Spiti aus small


Diese Freundschaften, der nahe Strand „Krio Neri“, die ruhige Lage des Häuschens bewogen uns später immer wieder auch mit den Kindern hierher zu kommen. Da ich hier vor allem Ruhe und Erholung vom Berufsalltag suchte und fand, verpasste ich es leider neugriechisch zu lernen. Mit den Nachbarn - Bauern - konnten wir nur mühsam diskutieren. Trotzdem erfuhren wir ihre Gastfreundschaft aufs herzlichste. Obwohl wir ein Auto hatten, sie selber nicht, waren wir für sie die Armen. Sie maßen den Reichtum an der Anzahl eigener Olivenbäume und wir hatten keine. So fanden wir am morgen oft frische Gurken oder Tomaten aber auch frische Eier vor der Haustür. Wir wurden auch in ihre Häuser zum Essen eingeladen. Diese hatten nur gestampfte Erde als Boden. Neben dem Herd war das Schwein am Bein angebunden als Abfallverwerter. Es gab im Haushalt nur je zwei Gläser, Messer, Gabeln etc. Je eines für ihre Familie und je eines für uns Gäste. Krank wurden wir deshalb nie.


Erst seit meiner Pensionierung kommen wir regelmäßig zurück nach Koroni. Hieß es früher „addio“ heisst es heute „tou chronou“. Vieles hat sich verändert, die Freundschaften der ersten Tage sind geblieben, neue sind dazu gekommen. Die jungen Festkumpane sind heute gestandene Männer mit eigenen Geschäften und Familien. Und trotz der sprachlichen Barriere haben wir mit ihnen gelacht, Feste gefeiert auch verstorbene Freunde beklagt. Die Freundschaften haben sich längst auch auf unsere Kinder übertragen. Und so hoffe ich, dass diese Beziehungen noch möglichst lange bestehen.

Voser

Dieser Beitrag sowie die Fotos wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Herrn Voser zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!

 

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