Die Stadt Marathon ist seit über 2000 Jahren auf der ganzen Welt bekannt und wird spätestens bei jedem Marathon-Lauf in Erinnerung gerufen. Marathons Stadtteil Nea Makri dagegen ist seit wenigen Jahrzehnten weniger Menschen ein Begriff geworden, aber im Internet durch Zuschriften, Fragen und Diskussionen aus allen Ländern gegenwärtig.
Seit über 30 Jahren besuche ich die klassischen und christlichen Stätten Griechenlands. Hier verbinden sich für mich Erinnerungen an Neues, das sich zwar zu Vertrautem in Beziehung setzen lässt, einem aber dennoch in seiner ortstypischen Erscheinungsweise noch nicht begegnet ist. Ich möchte mich dabei vor allem auf eine eher östlich geprägte Form von Religiosität beziehen, und zwar am Beispiel der Verehrung des Heiligen Ephraim von Nea Makri.
In der katholischen sowie der orthodoxen Kirche werden Heilige verehrt und ihr/e Festtag/e begangen. Dadurch möchten gläubige Menschen zum Ausdruck bringen, dass Sie die Heiligen als Vorbilder sehen und ihrem Beispiel ggf. zu folgen bereit sind. Das ist in der orthodoxen Kirche nicht wesentlich anders als in der katholischen. Allerdings findet die Heiligenverehrung der orthodoxen Christen auf eine viel sinnlichere Weise statt als bei uns.
So befindet sich in der Kirche, die zu dem Kloster von Nea Makri in Attika gehört, der mumifizierte Leichnam des Heiligen Efraim in einem offenen Sarkophag, der von den Gläubigen durch eine Glasscheibe gesehen bzw. berührt oder auch geküsst werden kann. Davon machen die Besucher/innen regen Gebrauch. Ohne dass es übertrieben geschäftig oder unangemessen wirkt, wischt eine Kirchenangestellte regelmäßig die „Benutzerspuren“ weg. Überhaupt ist die Atmosphäre in der Kirche ruhig und andächtig. Überrascht bin ich, dass leise Orgelmusik erklingt, wie es auch in manchen Kirchen bei uns inzwischen Brauch ist. (Normalerweise ist instrumentale Musik, vor allem Orgelmusik, in orthodoxen Kirchen nicht üblich).
Schwestern bieten in einem Shop Devotionalien, Bücher und andere Kleinigkeiten an. Wir sprachen eine von ihnen an und deuteten an, dass wir in Deutschland etwas über Efraim schreiben möchten (dabei dachten wir z. B. an das Ökumenische Heiligenlexikon). Sie war davon nicht besonders angetan, weil sie befürchtete, es würden zu viele Besucher dann den beschaulichen Ort „ überfluten“. Allerdings waren uns bisher keine, und wenn überhaupt, nur interessierte ausländische „Individual-Touristen“ in orthodoxen Klöstern oder Kirchen aufgefallen, was wir ihr auch so mitteilten. Vielleicht beruhigte sie das ein wenig. Jedenfalls wurden wir zum Kaffee eingeladen und bekamen ein Gedeck mit Efraim- und Klostermotiv geschenkt.
Marianne Kilian
Dieser Beitrag und das Foto wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Marianne Kilian zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!