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Ein Rückflug ist schlimmer als Heimweh!

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Ein Rückflug ist schlimmer als Heimweh!

Das Jahr 1990 schrieben wir, glaube ich. Im Rahmen eines Studiums im Bereich der Soziologie musste neben anderen Praktika auch ein Praktikum in der Jugendarbeit abgeleistet und natürlich eingeschlossen explizit ein bestimmtes Thema betrachtet und dokumentiert werden.
Zu der Zeit war ich von Schule und Beruf ganz und gar nicht angetan und bemühte mich daher erst kurz „vor Torschluss“ um einen Praktikumsplatz. Diese Phase des Unmutes und der Unlust sollte sich später glücklicherweise gewaltig in das Gegenteil verkehren!

Wie immer der Zufall so spielt waren in der Einrichtung, die ich dann doch irgendwann für würdig erachtete, mir einen Praktikumsplatz zuweisen zu dürfen, tatsächlich noch zwei Zeiträume vakant.
Und wo? Was wollen Sie hören? Natürlich! Nirgendwo anders als auf Euböa in Griechenland!
Es kam noch besser, denn alle bislang vergebenen Praktika wurden mit langen Busreisen (Spanien, Lloret de Mar etc.) bestritten und meine Praktika (ich hatte mich gleich für zwei Gruppen a 14 Tage unmittelbar aufeinanderfolgend verpflichte) erfolgten mit dem Flugzeug Luxemburg-Athen. Das war schon der Kracher!
So ergab es sich, dass ich Evia in seiner ganzen Vielfalt erleben durfte. Einfach war das alles nicht, denn ich hatte ja erhebliche Pflichten und 15 junge Leute immer im Blick zu haben zog sich meist bis in die späten Abendstunden hin und nicht selten bis ins Morgengrauen mit Sonnenaufgang.

Nun war ich in meiner Funktion auch praktisch ein im Tourismus arbeitende Person. Gerade so wie die Leute an der Rezeption der Ferienanlage, in der Küche, im Restaurant, am Strand die Surflehrerin, der Bootsverleiher oder auch die Busfahrer mit denen die diversen Exkursionen durchzuführen waren.
Das erlaubte mir gleichermaßen einen wesentlich intensiveren Einblick in das Wesen der Griechen, Leben, Arbeit und Umgang miteinander.
Eines Tages hatte ich ein Treffen mit einer anderen Reisegruppe, die sich im südlich von uns gelegenen Marmari einquartiert hatte, arrangiert. Unsere Unterkünfte waren in Bungalows in Nea Styra und ungefähr 20 Kilometer entfernt.

Es war ein herrlicher Nachmittag und später ein Abend bei Essen und Trinken in dem klitzekleinen Örtchen Paradisi.
Nun, wie das Leben so spielt war in der „Marmari-Gruppe“ ein bildhübsches spanisches Mädchen und wie soll es anders sein, ein Junge aus meiner Gruppe hat sich gnadenlos in das Mädchen verliebt. Ein Drama nahm seinen Lauf. Aber auch das gehörte natürlich zu meinen Aufgaben und ich half so gut es ging mit Rat und Tat. Alles in den Grenzen des Jugendschutzes, versteht sich, denn die jungen Leute waren in der Masse alle minderjährig. Klar, wozu hätten die mich sonst gebraucht!


Also kam`s, wie´s kommen musste! Meine Gruppe war schon eine Woche vor der „Marmari-Gruppe“ auf der Insel und nun kam unser Abreisetag immer näher. Mein verliebter Bube setzte, zugegeben mit meiner Hilfe, alle Hebel in Bewegung, um seinen Aufenthalt irgendwie zu verlängern. Das konnte ja funktionieren weil ich ja auch nach der Abreise seiner Reisegruppe auf der Insel blieb und somit die Aufsichtsplicht erfüllt werden konnte. Ich musste ja nur die erste Gruppe zum Flughafen in Athen nach Hause bringen und meine zweite Gruppe kam selbständig von Luxemburg angereist und ich nahm sie am Flughafen Athen in Empfang. Das ging alles nahtlos.

Kurzum, die Eltern des Jungen stimmten zu, Flug wurde umgebucht und er durfte sogar so lange bleiben wie der Aufenthalt der zweiten Gruppe dauerte. Also noch zwei Wochen. Wunderschöne Momente, die Freude in den Augen des Jungen zu sehen.
Irgendwann ist aber alles zu Ende und so auch die Zeit der Zweiten Gruppe und damit auch meine Zeit auf der Insel und endgültig auch die Zeit des verliebten Jungen, dessen Freundin mittlerweile natürlich auch schon vor einer Woche abgereist war. Großes Kino!
Dann war es soweit! Da saßen wir nun – Fähre Nea Styra-Ag. Marina – Flugzeug Athen-Luxemburg – zurück nach Deutschland in die Heimatstädte – Wasser in den Augen auf allen Etappen der Heimreise!

Beide hatten wir uns nämlich unsterblich verliebt! Der Junge in seine Spanierin und ich in Griechenland!

Nein, noch kein Ende!

Nach einer Woche des Trübsaales in meiner Wohnung, packte ich erneut und machte kurzentschlossen noch einen Anlauf, Flug nach Griechenland und  …  ich konnte in aller Ruhe meine Nachsorge betreiben und meine gewonnenen Freundschaft zu lieben Menschen und einem unheimlich liebenswertem Land mit einigen Tagen des Übergangs etwas weicher abschließen.

Kalo Chimona!

Franz Petz

Dieser Beitrag wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Herrn Franz Petz aus Schongau in Deutschland zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken.

Foto: GZ/ms

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