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Kassos: Ein spannendes Abenteuer

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Kassos: Ein spannendes Abenteuer

Unsere letzen Tage auf Karpathos waren angebrochen und wieder saßen wir in Arkassa bei Niko in der Taverne. Auch ein junges „polnisches Paar“ aus Köln hockte dort und empfahl uns den ausgezeichneten „Psaria“! Ständig schwärmten sie von der Idee die südlichste aller Dodekanes Inseln – Kassos, zu besuchen. Lumpige 10 km liegen zwischen den Inseln und bei klarer Sicht war Kassos greifbar nah! Gesagt und beschlossen. 

Am nächsten Morgen – Montag - es waren nur noch 3 Tage bis zu unserem Urlaubende - standen wir am Flughafen von Karpathos und genossen bald den kürzesten Flug den es der Zeit auf Griechenland gab. Tatsächlich innerhalb von 4 Minuten waren wir mal eben „rüber gehüpft“. Eine etwas schrille Dame aus Hamburg hatte sich zu uns gesellt. Auch sie hatte die Absicht am Abend mit der Fähre wieder zurück zu kehren. Vom sehr kleinen, öden, Flughafen liefen wir zur Zufahrtstrasse, passierten eine stillgelegte alte Mühle und gelangten bald in den kleinen beschaulichen Fischerort Phry. Hier war auch die Anlegestelle der Fähre sichtbar, eine einfache Betonfläche die etwas ins Meer ragte. Riesige Wellen überspülten ständig diesen Anleger und ließen nichts Gutes ahnen.

Am schönen romantischen, geschützten Hafen des Ortes schaukelten die Kaikis und oberhalb des rostigen Leuchtturmes war eine Taverne mit blauweißer Fahne und weißer Markise der Blickfang. Hier nahmen wir Platz und wurden von dem bärtigen Wirt mit “Welcom to Kassos“ begrüßt. Nach unserer Bestellung fragten wir auch nach der Ankunftszeit der Fähre. Er zeigte 5 Finger, wiegte dann aber den Kopf und wies mit pustenden Backen auf die flatternde Fahne. Bange machen gilt nicht dachten wir und strebten in den „Ortskern“ der Inselhauptstadt.

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Als erstes besichtigten wir eine Backstube die im Keller eines maroden Hauses lag. Daneben dann ein Ticket-Shop, wo wir dann unsere Tickets für die Fähre zurück nach Karpathos erwarben. Der etwas deutsch sprechende „Ticketman“ äußerte aber auch seine Bedenken ob die Fähre überhaupt bei dieser Wetterlage anlege. Sicherheitshalber wies er schon mal darauf hin, dass hier bei Ihm im Hause preiswerte Zimmer zu haben wären.

Mit einem gemütlichen „Spatziergang“ erreichten wir bald den nahe gelegenen Ort Emborio. Dort gefiel uns besonders eine von alten Hibiskusbäumen umstandene siebenschiffige Kirche. Alte Ziehbrunnen und viele Ziegenställe - nebst entsprechender Düfte- sahen/rochen wir. Auffallend besonders die von unzähligen Mauern gesäumten kahlen Berghänge! Dazwischen immer wieder kleine sorgsam gepflegte Kirchen. Die Insel wirkte sehr einfach und schien Menschen verlassen. Wir begaben uns zurück nach Phry und erwarteten unsere Fähre.

Diese erschien auch sehr pünktlich. Ein paar Kleinlaster, beladen mit Ziegen und Schafen, standen am „Betonsteg“. Ein ganz in weiß gekleideter „Hafenmeister“ trillerte streng mit seiner Pfeife. Die Fähre drehte und schob sich langsam an die von weißer Gischt gepeitschte Mole. Wir winkten den Passagieren oben an Deck zu – und bemerkten dann mit Entsetzen, dass die Fähre sich wieder von dem Anleger entfernte. Es war wohl unmöglich anzulegen. Mit lautem Hupen entschwand das Schiff - CA Ferries - und wir standen wie bedeppert. Liefen zurück zu der Taverne, wo der witzige Wirt grinsend abermals mit: “Welcome to Kassos“ begrüßte. Er „zerrte“ unsere Frauen zu einem großen Kochtopf. Hob den Deckel und sagte> „Paff-paff -Rabbit“! So aßen wir zur „Feier des Tages“ Kaninchen mit Pommes.

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Die Hamburgerin fütterte mit den Kartoffelstäbchen die Katzen und der „kölnische Pole“ zeterte was das Zeug hielt. Er verängstigte mit seinem Jammern die Frauen: “Hier kommen wir nie weg“. Dann quartierten wir uns bei dem Ticketman ein und saßen bis in die späte Nacht vor und in der Taverne.
Hier lief auf dem Kühlschrank der Fernseher und wir erkannten auf der Wetterkarte die Zahl 8.
Die um uns herum sitzenden Fischer brachen in schallendes Gelächter aus und wir deuteten die unverständlichen Kommentare nicht gerade als Aufmunterung.

Die sauberen Pensionszimmer (für 12 DM) hatten ein Toilettenfenster von dem aus meine Frau die halbe Nacht über den Hafen und die tobenden Wellen beobachtete – während ich selig schlief! Am nächsten Morgen erfuhren wir, dass die nächste Fähre erst am nächsten Tag – Mittwoch – zu erwarten war. Der „Pole“ flippte nun fast aus und war für die restliche Zeit nur ein Haufen Elend. Die flippige Hamburgerin vergnügte sich mit ein paar jungen Fischern. Wir aber hatte ja nun Zeit die Insel etwas besser kennen zu lernen. Zu unserem Glück nahm uns der Tavernenwirt - namens Niko– (welcher Grieche heißt eigentlich nicht Niko?), nach dem Frühstück, in seinem kleinen Auto ein Stück mit hinauf in die Berge. Dadurch hatten wir die Gelegenheit das angeblich schönste Dorf der Insel ARVANITOCHIO zu besichtigen.
Hier in einem ungewöhnlich grünen Tal war die Architektur der Häuser und Kirchen unverkennbar arabisch/maurisch. Wunderschöne gepflegte Gärten , eine große Platia mit riesigen Maulbeerbäumen. Ein völlig unwirklicher Ort auf dieser so kargsten Insel! Von diesem schönen Ort gelangten wir auf mauergesäumten, staubigen Wegen in die Geisterdörfer PANAGIA und POLI. Außer ein paar streunenden Katzen, begegneten wir keinem Lebewesen. Ein rostiges Schild wies uns dann in den Ort Agia Maria. Hier standen die Reste einer Festung und eine wunderschöne Kirche mit mehreren dunkelroten Kuppeln und einem blau/weißen Glockenturm der sehr dem Kloster Panomitis auf Symi glich. Hier begegneten uns mehrmals eigenartig gekleidete Frauen. Bunte, blumige Röcke mit hellblauer Bluse wirkten sehr eigenwillig. Die dunkelblauen Kopftücher waren über eine Art Kappe gezogen, die weit nach vorn hinaus ragte und das Gesicht im Schatten hielt. Die Frauen winkten uns freundlich zu und bearbeiteten weiter Ihren dürftigen Artischockenanbau.  Bei unserer Rückkehr in der Pension erfragten wir beim Ticketman ob denn der Wetterbericht „Besserung“ verkündet. Dem war leider nicht so. Auch die Fischer saßen am Hafen fest und hatten sich um die schrille Blonde geschart.

Der Hafenmeister stolzierte – unter lästernden Rufen der Fischer – durch den Ort. Ich begab mich zum Hafen von Emborio. Hier hatte ich größere Schiffe liegen sehen und wollte erfahren ob uns nicht eines der Schiffe hinüber nach Karpathos bringen könne. Wieder bedauerte ich meine mangelhafte Sprachkenntnis. Doch im „Touristenmix“ konnte ich mein Anliegen vorbringen.  Ein gutmütig ausschauender Grieche schien mein Anliegen zu verstehen, verwies mich aber an den „Hafenmeister“ . Dieser müsse die Genehmigung zu der Überfahrt geben. So begab ich mich in das wenig feudale „Hafenbüro“ in Phry . 

Der „Meister“ thronte am Ende eines langen Tisches und lauschte ergeben meinem „griechischen Kauderwelsch“.  Dann dröhnte mir der, seit dem unvergessene Satz entgegen: „Fischerman is for fishing and not for persons - aber i like germany“! So war auch dieser „Fluchtversuch“ von der Insel Kassos gescheitert. Wir verbrachten eine weitere Nacht auf den guten Matratzen der Pension. Überlebten auch zum zweiten mal das karge Frühstück beim grinsenden Tavernenwirt.

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Die Spannung stieg – die Fähre kam (mit 2 stündiger Verspätung)!! Wir stürmten hinunter zum Sturm umtosten Pier – aber die Fähre machte gar nicht erst Anstallten hier an zu legen. Weit draußen fuhr sie vorbei. Völlig aufgelöst und ratlos ließen wir nun den „Willkommensgruß“ vom Wirt über uns ergehen. Der „Pole“ hatte nun all seine Klagelieder abgesungen und die „schrille Blonde“ hatte sich des Nachts (hörbar) mit einem jungen Fischer „getröstet“. Wir beiden „erfahrene Abenteurer“ waren nun auch mit unserem Latein am Ende. Aber wie heißt es so schön: Wenn man denkt es geht nichts mehr, kommt ein „kleines Licht“ daher!

Der Ticketman machte uns Hoffnung, dass am Nachmittag oder Abend – außerhalb des Flugplanes – ein Flugzeug aus Rhodos zu erwarten wäre. In der stickigen Wartehalle - eher Schuppen - des Flughafens suchten wir Schutz vor der brennenden Sonne. Auch drei Griechen warteten hier auf das „fliegende Wunder“. Man hatte sehr kulant unsere Tickets in „Berechtigungsscheine für den Flug“ umgetauscht. Stunden vergingen. Die Sonne warf lange Schatten, als die Maschine endlich heran schwebte. Nur 4 der vorhandenen 18 Plätze waren noch frei.- Wir konnten dankbar sein, dass zwei Griechen und ich gebückt stehend den Flug nach Karpathos „genießen“ durften. Groß war die Freude und Überraschung als wir, mit dem Taxi, Arkassa bei völliger Dunkelheit erreichten.

Wir strebten zu Nikos Taverne und „fanden Ihn bei Kerzenschein“- denn auf Karpathos war plötzlich Stromausfall. Wir nahmen einen letzten „Absacker“ und tasteten uns zu unserem Quartier. Bei Kerzenschein haben wir geduscht und unsere Koffer gepackt. Erst weit nach Mitternacht war es dann wieder Licht auf Karpathos. Nach einem launigen Frühstück brachte uns der Bus zum Flughafen.
Fazit: Karpathos ein freudiges Erlebnis!

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Jürgen Böhmer

Dieser Beitrag und die Fotos wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Herrn Jürgen Böhmer zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken.

 

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