Seit etwas über 40 Jahren verbringen wir jedes Jahr mehrere Wochen auf der Insel Skiathos, in der Ägäis. Sie wird allgemein als eine Perle der griechischen Inselwelt bezeichnet...
Zahllose herrliche Strände warten auf sonnenhungrige Urlauber – und auf vielen neu entdeckten Wanderwegen kann man auf den Spuren mittelalterlicher Eselspfade die grünen Wälder durchstreifen, auch und besonders im Herbst. Wir lieben die Insel und ihre Menschen, Inselbewohner und deutschen Urlauber und pflegen viele freundschaftliche Kontakte. Die Griechen, die wir kennen, sind freundliche, hilfsbereite und treue Freunde, die uns niemals irgendwie enttäuscht haben.
Am 15. September 2017 erlebten wir plötzlich und unerwartet eine bis dahin nie erlebte Enttäuschung: wir wurden bestohlen. Wir hatten unser Auto vor einem Geschäft – wir nennen es „Sammelsurium“ – geparkt, in dem man von A wie Anbauküche bis Z wie Zahnstocher alles kaufen kann, was der Haushalt so braucht. Wir brauchten einige Kleinigkeiten, legten es auf den Schreibtisch des Ladeninhabers, bezahlten und packten die paar Sachen in unsere Einkaufstasche, zusammen mit meinem Portemonnaie. Ich lud die Tasche in meinen Mietwagen, einem kleinen weißen Suzuki, und ging noch einmal zurück in das Geschäft, wo sich meine Frau noch einmal etwas angucken wollte. Dann stiegen wir ein und fuhren zu einem etwa 500 Meter entfernten Supermarkt, um noch dies und jenes einzukaufen. Als es ans Bezahlen ging, sagte ich zu meiner Frau: „Ach zu dumm, jetzt habe ich mein Portemonnaie in der Einkaufstasche im Auto liegen gelassen.“ „Macht nichts“, sagte sie, „ich habe genug Geld bei mir, ich kann den Einkauf bezahlen“. Ich fuhr den Einkaufswagen zum Auto um einzuladen, machte die hintere Beifahrertür auf und erstarrte. Der Sitz, auf den ich einige Minuten vorher beim „Sammelsurium“ die Einkäufe abgelegt hatte, war leer. Einkäufe weg, Tasche weg, Portemonnaie weg. Darin befanden sich u. a. die EC-Karte, Personalausweis, Führerschein und etwa 950 Euro, die ich eine Stunde vorher von der Bank abgehoben hatte. Alles weg! Der Schock war gewaltig, die Tränen flossen, was sollte jetzt werden? Keine Papiere, kein Geld, nur Schwierigkeiten in Aussicht. Als Nächstes machten wir bei der Polizei Meldung. Der Beamte meinte – es war ein Freitag –, man werde im Moment mal noch nichts unternehmen, vielleicht findet jemand die Tasche am Straßenrand und gibt sie ab. Soll alles schon vorgekommen sein. Dann ließ ich meine Konten sperren, was gar nicht ganz einfach war. Wir – meine Frau, deren Freundin, die bei uns zu Besuch war, und ich – waren alle so geschockt, dass wir uns nur hinlegen konnten, um das Vorkommnis irgendwie seelisch zu verarbeiten. Und so verlief der Nachmittag. Gegen sieben Uhr abends klingelte das Telefon und die Stimme einer jungen Frau fragte, ob sie mit Klaus Joachim Otto spräche. Ich bejahte und wunderte mich gleichzeitig, woher sie meinen vollständigen Namen, wie sie im Ausweis aufgeführt sind, wusste. „Ja“, sagte sie, „von Ihrem Automietvertrag, der sich in Ihrem Portemonnaie befand, mit diversen anderen Dokumenten und 950 Euro, die sind alle noch da“. Weiter sagte sie: „Sie waren so freundlich und haben alle Ihre Einkäufe in meinen Wagen gelegt, einen kleinen weißen Fiat.“
Unsere Jubelschreie waren bis zur Straße zu vernehmen. Die Anruferin hieß Georgia und erklärte, dass vor dem „Sammelsurium“ ihr und mein Wagen geparkt waren und beide zum Verwechseln ähnlich aussahen – sowohl in Form, wie in Farbe.
Am nächsten Morgen traf ich Georgia in ihrem Geschäft und wir fielen uns in die Arme und lachten. Dann holte sie meine Sachen, die Welt war wieder in Ordnung. Einen Finderlohn lehnte sie rigoros ab. Vielen, vielen Dank, liebe Griechin. Im nächsten Jahr mache ich alles irgendwie wieder gut!
Text: Klaus S.
Fotos: GZ-Archiv / Skiathos