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Agapi, Alois und der Rausch der Sinne – eine Urlaubsgeschichte auf Tinos

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Agapi, Alois und der Rausch der Sinne – eine Urlaubsgeschichte auf Tinos

Vor drei Jahren konnte in meinen Kumpel Alois, mit dem ich nun 12 Jahre befreundet bin, überzeugen, doch mal eine Woche Urlaub auf meiner Lieblingsinsel Tinos mit mir zu verbringen. Alois ist Unternehmer in Wien und oft gestresst. Kennengelernt haben wir uns vor 12 Jahren in der Felixx-Bar in Wien, wo ich seit dieser Zeit regelmäßig als DJ arbeite. Er wurde Fan meiner Musik, Stammgast und sehr guter Freund. Wir sind ca. gleich alt, er 55 und ich 53. Also beide in einem Alter wo Happy und Birthday getrennte Wege gehen. Aber wir verstehen uns prima. 

Nun, im September 2013 war es so weit. Alois und Tom gemeinsam auf der Insel der Winde.

Kein Ort, an dem ich mich wohler fühle …
Um nach Tinos zu kommen fliegt man am besten nach Mykonos und mit der nächsten Fähre erreicht man nach 35 Minuten die Nachbarinsel Tinos. 
Ich kenne die Insel ja schon einige Jahre recht gut und fühle mich dort bis heute sehr wohl, viele Freundschaften sind mit den Jahren entstanden und ich freue mich immer wieder, wenn ich in den verschiedenen Dörfern, Tavernen und Minimarkets aufs herzlichste begrüßt werde mit: „o fílos mou Tom, fílos tis Tínou“ Ich kenne keinen Ort wo ich mich wohler fühle als auf dieser Insel. Und Alois versteht mich mit jedem Tag mehr was diese Insel betrifft. Er entwickelte erstaunlich schnell sehr große Sympathie für diese charmante, drittgrößte Insel der Kykladen.

Taverne mit göttlichem Blick ins Tal
Nach einigen Tagen, es war wohl ein Donnerstag wenn ich mich richtig erinnere, sagt er zu mir, nach dem morgendlichen Schwimmen am Beach Rochari hinter Panormos Bay, wo wir wohnten, als wir dann beim Frühstück im benachbarten Pyrgos saßen: „Tom mein lieber Freund, lass uns heute noch mal in das schöne Dorf Agapi fahren, das hat mir so gut gefallen." Da auch ich diese Dorf im Norden in einem traumhaft schönen Tal mit vielen Bäumen, darunter viele Oliven, sehr mag. Besonders aber auch die urige alte Taverne mit dem göttlichen Ausblick ins Tal. Wir machten uns nach dem Frühstück, bestehend aus griechischem Kaffee, frisch gepresstem Orangensaft und ein kleines Stück Zitronenkuchen auf den Weg. Obwohl man in dem grünen Tal mit den Blick auf in der Ferne gegenüberliegenden Berge nicht aufs Meer blicken kann, liebe ich es. Die wunderbare Stille in diesem Tal mit den vielen schönen Taubenhäuser, wo man oft nur den Flügelschlag der Tauben oder ein paar Ziegen meckert hört, faszinierte mich schon immer, und Alois ist davon beeindruckt. Wir fuhren die einsame Nordstrecke unterhalb der Berge immer mit dem Blick zum nahen Meer, vorbei an wildem Oleander, Pinien, Olivenbäumen, einigen auf der Fahrbahn umher streunenden wilden Ziegen. Auf der Nordstrecke kommt einem selten ein Auto entgegen, was die Fahrt noch verschönert, genauso wie das traumhaft sonnige aber nicht zu heiße Wetter.

Umarmungen, Küsschen, liebe Worte
In Agapi angekommen läuft man erst einige Treppen hinunter durch enge Gassen, dann wieder ein Stück hinauf durch eine Allee gesäumt mit blühendem Oleander, lila wie auch rotem Bougainville und einigen alten Bäumen zur Taverne. Es war um die Mittagszeit als wir in die Taverne „I Kamara“ einkehrten. Es gab gleich einige Umarmungen, viele Küsse und sehr herzliche Worte, da man mich dort gut kennt. Wir steuerten gleich meinen Lieblingsplatz auf dem Balkon mit dem grandiosen Fernblick an. Dann orderten wir Ouzo, Bier, Tzatziki (Alois liebt ihn abgöttisch, man könnte auch sagen, er ist Experte was diese Speise betrifft) greek salad und Cheece saganaki. Es mundete sehr, dazu erklang leise alte griechische Lieder von einer CD, die ich der alten Wirtin einmal schenkte. Wir fühlten uns himmlisch. Ouzo, Bier, „orea thea“ (schöne Aussicht) und das gute Essen ließen uns schweben. Drei Stunden vergingen im Nu. Dann bemerkte ich: „Du mein lieber Alois, ist Dir eigentlich bewusst, dass wir nun schon vier Tage da sind und noch keinen Retsina getrunken haben? Ich weiß nämlich, hier gibt den besten selbstgemachten (trüben) Retsina und es wäre eine Sünde, ihn nicht zu kosten."

Wir wollen uns nicht versündigen: Schenkt ein!
Alois erwiderte mit freudigem Blick: „Diese Sünde wollen wir nicht begehen! Lasst den Wein in unsere Gläser gießen!“ Die Wirtin begrüßte diese Entscheidung mit einem Lächeln, bemerkte jedoch, dass man diesen schweren Wein besser zusammen mit Mezze (bei uns waren es Käse, Oliven, Gavros, Zuchini-Bällchen, Gurken, Tomaten, Artischocken) genießen sollte.
Alois macht schon mal die obersten Knöpfe seiner Hose auf, sein kleiner Bauch (den er immer auf Tinos bekommt, hah) brauchte mehr Platz als sonst. Der köstliche Wein und die Mezedes ließen uns weiter schweben. Als wir uns dann doch irgendwann anschickten, den Platz im Himmel zu räumen und ich ein „To Logariasmó, parakalo" rief (die Rechnung, bitte) entgegnete uns die Wirtin, dass die nächste Runde Wein mit Mezze auf's Haus gingen. Erfreut und glücklich nahmen wir auf unserer Wolke 7, wie wir den Balkon nannten, wieder unseren Platz ein. Alois öffnete den nächsten Knopf seiner Hose, was man aber unter dem langen Hemd nicht sah und seufzte etwa sprachlich beschwingt: "Geh Tom, das schaffen wir jetzt auch noch, drehen wir eine Ehrenrunde im Himmel von Agapi." Ich lächelte zufrieden, hörte mich selbst sagen "Stine jamas file mou" (zum Wohl mein Freund) und bemerkte dabei laut, dass ein Dorf nicht schöner als „Agapi“ (Liebe) heißen kann.

Beschwingt vorbei an Taubenhäusern, Windmühlen …
Nach fünf berauschten Stunden unternahm ich den zweiten Versuch zahlen zu wollen. Doch die alte Wirtin lächelte diesen Wunsch wieder hinweg und kam stattdessen mit einer Süßigkeit bestehend aus in Sirup eingelegten Orangenschalen (eine Spezialität der Insel) und sagte, dass sich damit für unseren Besuch bedanken möchte. Mittlerweile war der stets frohgelaunte 89 jährige Bruder der Wirtin eingetroffen und grinste uns an, als er uns zwei riesige Tsipouro (griechischer Grappa) mit den Worten "das sehr süße Zeug soll man nur mit einem Tsipouro" genießen, als Geschenk auf den Tisch stellte. Wir dankten ihm mit einem Seufzer. Alois lacht, erklärt mir mit einem Schmunzeln und verklärtem Blick und schwerer Zunge: "Wenn Du mich über die Stiegen zum Auto trägst, dann fahre ich", während er seine Hose wieder zuknöpfte.
Nach dem Begleichen der Rechnung ging es leicht beschwingt zurück durch die blumenreichen Gassen von Agapi zum Auto und wir fuhren über die schöne Südküstenstraße mit Ziel Panormos, vorbei an Windmühlen, Taubenhäusern, weißen Häusern mit blauen Fensterläden, Olivenbäumen, wildem Oleander, Kühen, Schafen, Ziegen, schönen kleinen Dörfern wie Kampos und Tarampados in Richtung Kardiani, mit traumhaftem Meerblick. Rechts erstrecken sich die verschiedenen Gebirgszüge. Doch nach einer Kurve hielt ich rechts am Straßenrand an. Das hatte einen ganz besonderen Grund. Denn während wir die ganze Zeit den schönen Liedern wie z.B. von Janis Parios "Margarita Margapolou" und von Georges Dimou "Kokkino Garifalo" voller Inbrunst nicht nur lauschen sondern auch laut aber nicht besonders schön, eher speziell mitsangen, eröffnete sich ein ganz besonderes Panorama.

Wenn vor Jaros die rote Sonne im Meer versinkt
Während links die Sonne blutrot bei der Insel Jaros im Meer langsam versank und nicht nur das Meer, sondern auch Teile von Tinos‘s Südküste in einem warmen rot färbte, entlud sich rechts in der Ferne in einem Tal zwischen zwei Gebirgszügen ein gewaltiges Gewitter mit unglaublichen schönen faszinierenden Blitzen. Unsere Blicke wanderten stets hin und her um ja keinen Augenblick zu verpassen, kitschig schöner Sonnenuntergang und fesselndes Gewitter mit beeindruckenden Blitzen im Sekundentakt. Das erinnerte mich an die Worte meiner Großmutter aus längst vergangenen Kindertagen: "Gott macht Aufnahmen von der Welt für sein Photoalbum." Vermutlich hat er auch ein Fable für schöne Sonnenuntergänge und faszinierende Momente, dacht ich so bei mir. 

Alois und ich werden diesen Moment niemals vergessen und wir erzählen noch oft davon.

Auf Wolke 7 direkt am Meer
In Panormos sind wir gut angekommen, die bewegende Eindrücke, die schöne griechische Musik wie auch das wärmende Licht nach einem Sonnenuntergang kurz bevor die Nacht einbricht, ließen uns noch immer auf Wolke 7 in den verträumten Ort Panormos direkt ans Meer gleiten, wo wir endlich mal wieder etwas essen und zu trinken bestellten, grins. In unserer Lieblingstaverne "To Limanaki" bei unserem herzlichen Wirt Andreas mit dem gewinnenden Lächeln orderten wir Fisch, Salate, Wein und später Rakomello (Raki mit Honig), der uns, heißt zubereitet, endgültig die nötige Bettschwere im Hotel Elena, wenige Meter von der Taverne auch direkt am Meer, besorgte. 

Alois hat die Insel so wie ich ins Herz geschlossen, er kommt auch dieses Jahr wieder mich dort besuchen, auch in der Hoffnung wieder so schöne Tage erleben zu dürfen wie dieser damals. Und wir werden sie erleben. Da bin ich mir sicher. Denn dieser zwar besondere Tag war "nur" einer von vielen anderen schönen Tagen auf Tinos.

Text und Fotos: Tom de Belfore

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