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Ein kleines Strandparadies in der Ägäis

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Foto (© GZsa): Vor der Überfahrt nach Pano Koufonissi. Foto (© GZsa): Vor der Überfahrt nach Pano Koufonissi.

Die Kleinen Kykladen liegen im Trend. Zu dieser Inselgruppe im Süden von Naxos gehört auch Páno Koufoníssi; ein kleines Eiland, das – im Gegensatz zu zwölf Geschwistern, die fast alle noch winziger sind – das ganze Jahr über bewohnt ist. Es befindet sich rund fünf Kilometer südöstlich von Naxos und etwa 20 Kilometer vor Amorgos. Mit einem Kaϊki werden wir übersetzen – die Rückfahrt wird ein kleines Abenteuer.

Páno Koufoníssi soll das schönste Meer mit den exotischsten Blauabstufungen in der Ägäis haben. So zumindest haben wir es von vielen Bekannten gehört. Zudem ist die Insel Teil von Natura 2000, einem Netz von Naturschutzgebieten innerhalb der Europäischen Union. Zwei gute Gründe, um hier einmal die Strände zu erkunden! Genau genommen zählt das Eiland zu einer Inselgruppe, den Koufonissia (griechisch: Κουφονήσια / Koufonísia), zu der insgesamt 13 Inselzwerge gehören. Permanent bewohnt ist aber nur Pano Koufonissi. Nach der Eroberung Konstantinopels wurde sie in das venezianische Herzogtum Archipelagos eingegliedert, das im Jahr 1207 von Marco Sanudo gegründet wurde. In der darauffolgenden osmanischen Zeit bot sie dann Piraten Unterschlupf, später wurde sie im Zweiten Weltkrieg zuerst von Italien und darauffolgend von Deutschland besetzt. Heute gehört sie verwaltungstechnisch zur Gemeinde Naxos. Die Einwohner leben überwiegend vom Fischfang und in den letzten Jahren vor allem auch vom Tourismus.

Die Überfahrt zur Insel

Gesagt, getan. Wir setzen also an einem sonnigen, wolkenlosen Junitag mit einem Kaϊki vom kleinen Fischerhafen Volaka auf Naxos nach Pano Koufonissi über. Als wir in diesem kleinen Boot Platz genommen haben, das am Anfang noch gemächlich in den Wellen schaukelt, erklärt uns der Kapitän bereits, wo wir den besten Fisch auf der gesamten Insel essen könnten. Gespannt hören wir ihm zu, aus dem Hintergrund dringt griechische Volksmusik aus dem Bootsradio in unsere Ohren und schließlich ein immer stärker werdendes Meeresrauschen. Je weiter wir uns von der Küste von Naxos entfernen, desto stärker wird der Wellengang. „Eh! Hello!“, ruft uns der Kapitän zu. Er bittet uns auf einer anderen, sichereren Sitzbank Platz zu nehmen. Nach etwa 30 Minuten kommen wir auf Pano Koufonissi an. Das kleine schmucke Hafenörtchen mit seinen rund 400 Einwohnern begrüßt uns mit einer Windmühle, ein paar kleinen Läden, einigen schmalen Gassen und der Hauptkirche. Wir schauen uns um, und sofort fallen uns die Kontrast auf, die ein schönes Gesamtbild ergeben: im Hintergrund eher karge, wüstenähnliche Hügellandschaft, davor ein paar weiße Würfelhäuser, die vom azurblauen Meer umsäumt werden. Einfach herrlich.

Die Windmühle von Pano Koufonisi kurz vor Hafeneinfahrt
Die Windmühle von Pano Koufonisi kurz vor Hafeneinfahrt.

Immer schön der Küste entlang

Wir beginnen unsere erste Wanderung von fast vier Kilometern Länge an der Küste entlang Richtung Finikas, eine kleine Siedlung mit einigen Tavernen und Bars an der wohl schönsten Bucht der Insel: Pori. Rund eine Stunde benötigen wir insgesamt mit Aufenthalt in einem Café. Der Weg beginnt an der auf einer Klippe stehenden kleinen Kirche Agios Nikolaos in Loutro und führt weiter bis zum Gebiet Spilia. Dort erwarten uns ein kleiner Hafen und der angrenzende, große Sandstrand Ammos, der uns mit seinen verschiedenen, wunderschönen Blauabstufungen zum Baden einlädt. Doch es soll noch paradiesischer werden, denn auf zwei Drittel der Küstenroute wird man mit dem Anblick von aufeinanderfolgenden Stränden überrascht – einer schöner als der andere.
Wir laufen weiter, an den Stränden Limni, Porta und Charokopou vorbei, bis wir den Strand Fanos erreichen. Nun beginnt sich der Wanderweg zu einer schmalen, teilweise sehr undeutlichen Piste direkt an den Klippen zu verjüngen. Der Blick auf das Meer beweist, dass unsere Bekannten nicht übertrieben haben. Das Meer beschenkt uns mit vielen Blau- und Grüntönen. Karibikfeeling pur. Fehlt nur noch ein Badestrand – und diesen erreichen wir schon bald. Platia Pounta ist auch als „Italien-Strand“ bekannt und der wohl beliebteste Badeplatz unter den Inselgästen, denn er ist weitläufig und herrlich sandig – wie eben an der Adria auf der Höhe von Rimini. Doch wir gönnen uns keine Pause und ziehen, wenn auch ein wenig wehmütig, weiter. Es folgt das Gebiet Pisina, das von Steilklippen geprägt ist, und wir blicken auf ein Meer, das in seiner Schönheit alles Vorherige übertrifft. Nur wenige Minuten später sehen wir das bekannte Teufelsauge (Το Μάτι του Διαβόλου / To Máti tou Diavólou), eine imposante Felslandschaft mit einer Einbuchtung, die tatsächlich einem Auge gleicht.

17 Bucht Pori von der Küstenpiste aus
Bucht Pori von der Küstenpiste aus
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Ein beliebter Ankerplatz

Die Vegetation ist auch hier karg und niedrig, ringsum dominiert von Felsen und Gestein. Hinter dem Teufelsauge liegt die große Pori-Bucht, die von kleinen Segelbooten und Jachten auch gern als Ankerplatz genutzt wird. Und tatsächlich erspähen wir nach der letzten Kurve ein Dutzend weiße Segel – ganz wie im französischen Saint-Tropez. Hinter der herrlichen Bucht befindet sich der Strandabschnitt Gala mit grobem Kies und vor einer einmaligen Felslandschaft als Kulisse. Als Rastplatz haben wir uns aber für die Pori-Bucht entschieden, um uns dort zu erfrischen und auszuruhen. Das Meer ist hier türkisblau, klar und seicht, und bei einem Sprung ins Wasser huschen kleine Fischschwärme um uns herum. Nach zwei Stunden machen wir uns auf, um wieder an unseren Ausgangspunkt zurückzukehren. Doch dieses Mal nehmen wir die Straße landeinwärts. Sie führt uns zwischen karger Landschaft in einem ständig abwechselnden Bergauf und Bergab nach etwa drei Kilometern wieder zurück an den Hafen. Schon nach etwa einem Kilometer müssen wir feststellen, dass die Küstenvariante zwar länger, aber bedeutend weniger anstrengend war. Gott sei Dank taucht vor uns wie eine Fata Morgana ein Taxi auf. Wir winken und hoffen, dass es anhält, denn der Erfrischungseffekt unseres Bades im kühlen Nass hat sich unter der immer heißer scheinenden Sonne bereits in trockener Luft aufgelöst. Und tatsächlich: Das Taxi hält. Wir steigen erleichtert ein und erklären dem Fahrer, dass wir zum Hafen möchten. Er lacht und gibt uns zu verstehen, dass dies auch die einzig logische Destination sei, denn hier gebe es weit und breit keinen anderen Ort. Er, so der Fahrer, verkörpere übrigens auch das einzige Taxiunternehmen. Wir hatten also Glück. Und ein Bus, der die Bucht mit dem Küstenort verbinden könnte, existiere nicht, erklärt uns unser „Retter“.

Geschichte des Fischers

Am Hafen angekommen gehen wir in die Taverne, die uns der Kapitän bei der Überfahrt empfohlen hatte. Sie liegt ein wenig bergauf und linksseitig, also an der Westseite des Örtchens. Dort treffen wir auf einen älteren Mann, der sich gerade eine Zigarette anzündet. Aber wie er das macht! Ihm fehlen die Hände. Seine Unterarme sind nur noch Stummel, die er aber mit Bedacht und vortrefflichem Geschick einzusetzen weiß. Er schafft es trotz seines Handicaps, eine Zigarette aus der Schachtel zu holen und diese anzuzünden. Als wir schon gehen wollen, fassen wir doch noch Mut und fragen ihn, wie dieses Unglück denn passiert sei. „Beim Fischen“, erwidert er, ohne nachzudenken, kurz und bündig. Wir verstehen nicht sofort und bohren nach, ob er sich etwa an einer Maschine verletzt habe. In unserem Kopf rattern sämtliche Fischereiutensilien auf und ab, aber irgendwie passt nichts so recht. „Nein“, sagt er nach einer Weile. „Mit Dynamit“. „Ah!“, sagen wir erstaunt wie aus einem Mund. Der Tavernenbesitzer, der gleich daneben sitzt, ergänzt noch einige Details: „Erst war es die rechte Hand. Ein paar Jahre später die linke.“ – „Aber kann man denn mit Dynamit fischen?“, möchten wir ganz naiv von den beiden wissen. Sie lachen und bewegen vielsagend den Kopf. Viele würden das hier so machen. Wir lassen nicht locker und fragen den Fischer: „Und nach der einen abgetrennten Hand, sind Sie nochmal fischen gegangen?“ – „Ja, und wieder mit Dynamit“, antwortet er. Dann fügt er hinzu: „Ich bin Fischer. Wovon soll ich denn sonst leben? Vom Staat? Die Regierung zahlt mir mein Brot nicht.“ Ein wenig beschämt über unsere Neugierde verabschieden wir uns mit einem leisen „Verstehe“ und wünschen den beiden alles Gute.

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Fischeridyll auf der Insel.

Ein kleines Seeabenteuer

Gestärkt und ein wenig nachdenklich begeben wir uns dann wieder an Bord und tuckern mit dem Kaϊki zurück nach Naxos. Doch der Meltemi, der die See herrlich auffrischt und umwühlt, ist inzwischen noch stärker geworden. Das Boot schunkelt jetzt nicht mehr mit den Wellen, es kracht jetzt regelrecht in die Wellentäler hinein. Wir werden ordentlich nass, und der Kapitän fordert uns unmissverständlich dazu auf, in seiner Kabine Platz zu nehmen. Wir sollen uns gut festhalten, und tatsächlich wird aus der Überfahrt jetzt ein kleines Seeabenteuer. Wir sehen nichts mehr außer hohen Wellen und hören nichts mehr außer dem Geräusch der rauen See und der Wellen, die gegen die Bordwand schlagen. Ein wenig bang ist uns schon, denn eigentlich hatten wir ja nicht vor, auf dieser Reise zu kentern. Um unsere Gemüter zu beruhigen, fragen wir den Kapitän, ob wir es wohl bis ans Land schaffen würden. Er lacht auf und sagt, er mache solche Fahrten jeden Tag. Und jeden Tag sei es genauso. Schlimmer sei es sogar noch im Winter, dann gäbe es noch höhere Wellen, da müsse er noch mehr aufpassen und manövrieren. Wir fragen uns insgeheim, wer wohl im Winter bei Kälte und Schlechtwetter so verrückt sei, mit einem kleinen Kaϊki nach Pano Koufonisi überzusetzen. Nach etwa 45 Minuten haben wir in Volaka wieder festen Boden unter den Füßen, auch wenn dieser noch zu schaukeln scheint. Wir setzen uns eine Weile auf die Felsen am Hafen und beobachten die neuen Passagiere, die nun wieder auf das Boot steigen. Gott sei Dank sind wir an Land. Nach Pano Koufonisi werden wir mit Sicherheit zurückkehren, ganz sicher aber nicht im Winter. Text und Fotos: Sandra Amondi

Übrigens: Im Verlag der Griechenland Zeitung ist in deutscher Erstübersetzung der Roman von Emilios Solomou „Im Sternbild der Kykladen“ erschienen. Er spielt fast ausschließlich auf den Koufonissia. Der griechische Archäologe Jorgos Doukarelis ist in die Jahre gekommen und entflieht der Hektik der Großstadt auf die kleine Ägäis-Insel Koufonissi. Hier blühte vor tausenden von Jahren die geheimnisvolle Kykladen-Kultur. Die Insel ist für den Wissenschaftler ein schicksalhafter Ort – voller Rätsel, Erfolg, Verwirrung, Liebe und Verrat. Unter den Sternbildern des Firmaments zieht Doukarelis auf Koufonissi Bilanz und hört am Ende „das ewige Rauschen der Zeit in seinen Ohren, während die letzten Körnchen durch die Sanduhr rieseln.“ Das Buch von Solomou erhielt den Literaturpreis der Europäischen Union 2013.

Cover Solomou 290

 

 

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