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Badefreuden auch im Winter  

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Fotos (© Klaus Bötig) Fotos (© Klaus Bötig)

Schnee auf den Bergen, auf den Bäumen ringsum. Sie aber sitzen in über 35° C warmem, fließenden Wasser unter freiem Himmel am rauschenden Bach, duschen unter angenehm temperierten Wasserfällen und trinken danach ihren Kaffee am offenen Kamin, bevor Sie in Ihrem kleinen Hotel in die Sauna gehen. Ein Wintertraum? In Loutra Pozar wird er wahr – nur zweieinhalb Autostunden von Thessaloniki entfernt. Und auf dem Weg dahin gibt es auch noch viel Schönes zu sehen.

Einmal zu früh abgebogen – und schon irren wir durchs Delta – ein riesiges Schwemmlandgebiet zwischen Thessaloniki, Edessa und Verria. Vier Flüsse münden hier ins Meer (Axios, Aliakmonas, Gallikos und Loudias), unzählige Bewässerungskanäle durchziehen das absolut platte Land. Aussagekräftige Wegweiser gibt es kaum, viele Straßen enden in Feldwegen, Ortsschilder sind kaum zu entdecken. Nach einer Stunde brauchen wir endlich einen Kaffee, halten in einem absolut nichtssagenden Dorf mit funktionslos gewordenem Bahnhof. Treffenderweise heißt es Adendro – baumlos. Im Kafenio, das abends zur Bauernbar wird, sitzen ein paar Männer auf der Terrasse. Einer will gleich wissen, wie wir unseren Kaffee trinken. „Metrios“, wie immer! Die Wirtin erkennt uns als Deutsche. Ihr Mann und ihr jüngerer Sohn, der auf keinen Fall nach Griechenland zurück will, leben in München. Sie ist mit ihrem älteren Sohn – immerhin 39 –, der unbedingt nach Griechenland zurück wollte, mitgegangen. Jetzt schiebt sie tagsüber Dienst, er am Abend und in der Nacht. Weil sie viel zu erzählen hat, will sie sich und uns einen Ouzo gönnen. Wir lehnen dankend ab, bekommen dafür eine Dose voller Bergtee mit auf die Weiterfahrt – von ihrer alten Mama in den Bergen hinter Edessa gesammelt.

Alexanders Geburtsort

Irgendwie finden wir schließlich nach Pella, wo vor über 2.300 Jahren Alexander der Große geboren wurde. Hoch zu Pferde reitet er auf einem Bronzepferd auf der Platia des Städtchens noch immer mit gezücktem Schwert durch seine Heimat. Wir steuern sogleich das neue Archäologische Museum an, das erst im September 2014 eröffnet wurde. Es steht ungefähr da, wo der Königspalast an die Stadt der Untertanen grenzte und überblickt die ganze weite Schwemmebene im Delta von Thessaloniki. Als Alexander lebte, war Pella noch eine Hafenstadt – all die Erde für die Felder, auf denen jetzt überwiegend Baumwolle angebaut wird, wurde erst im Lauf der letzten 2.000 Jahre von den Flüssen angeschwemmt. Dadurch steht Pella jetzt 23 Kilometer vom offenen Meer entfernt.
Das neue Museum ist der historischen Bedeutung des antiken Pella angemessen. Es war ja eine von mehreren makedonischen Königsstädten, in denen die jeweiligen Herrscher durch ihr Reich reisend in stetem Wechsel wohnten – so wie Kaiser Karl der Große einst von Pfalz zu Pfalz zog. Noch bis Ende 2017 läuft im Museum eine unbedingt sehenswerte Sonderausstellung, die äußerst eindrucksvoll belegt, dass Makedonien auch schon vor Alexander und dessen Vater Philipp II., der Griechenland ja erstmals in dessen Geschichte unter einem, nämlich seinem Szepter vereinte, ein wohlhabendes Reich mit imposanter Kultur war. Die Sonderausstellung zeigt nahezu 20 Helme mit aufgelegten goldenen Totenmasken, die führenden Aristokraten mitsamt zum Teil vergoldeten Schwertern und vielen anderen Gaben mit ins Grab gegeben wurden. Soviel Gold hat man in anderen griechischen Museen kaum je dicht beieinander gesehen. Pella selbst wurde jedoch erst in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. am Reißbrett geplant und auf einem Areal von 400 Hektar erbaut. Die gepflasterten Hauptstraßen der Stadt waren bis zu neun Meter breit, die gesamte Siedlung war 1,5 Kilometer lang und 2,5 Kilometer breit. Nur Teile wurden bisher freigelegt, darunter mehrere Villen und Wohnhäuser. Die kleinsten boten eine Wohnfläche von 150 Quadratmetern, die größten trumpften mit bis zu 3.000 Quadratmetern auf – Luxus pur. Freigelegt wurde auch die antike Agora, die allein 70 Hektar einnahm. Die gefundenen Mosaike liegen heute zum Teil im Museum, zum Teil aber auch noch in situ. Noch nicht zu betreten ist das 60 Hektar große Palastareal, wo die Archäologen immer noch tätig sind. Ob man dort noch Spuren des Philosophen Aristoteles oder des Dramatikers Euripides finden wird, die ja beide in Pella tätig waren?

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Der junge Alexander reitet wieder durch Pella – Siege vorprogrammiert.

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Goldreiches Makedonien – auch schon vor Alexanders Zeiten.

Große Wasserfälle und mehr

40 Kilometer weiter fühlen wir uns ein wenig nach Freiburg im Breisgau versetzt. „Bächle“ fließen durch die Stadt. Sie kennen nur ein Ziel: die landesweit berühmten Wasserfälle von Edessa. Der höchste von ihnen misst 70 Meter und verkümmert auch im Hochsommer nicht zum Rinnsal. Pfade erschließen die Fälle, machen es sogar möglich, hinter dem rauschenden Wasservorhang entlang zu gehen. Natürlich gibt es auch eine große (exzellente und preiswerte) Taverne, in der bestes Quellwasser in großen Karaffen kostenlos auf den Tisch kommt, und sogar ein städtisches Sommerkino, in dem das Wasserrauschen jeden Film untermalt. Alte Laubbäume werden von armdickem Efeu umschlungen, in einer ehemaligen Getreidemühle tummeln sich Fische in Griechenlands einzigem Süßwasser-Aquarium. Zusammen mit einer weiteren Getreide- und einer Sesammühle sowie einer alten Fabrik, in der noch bis in die 1960er Jahre hinein Seile und Taue hergestellt wurden, bildet sie ein Freilichtmuseum der Wasserkraft.
Vom Mühlenareal an den Wasserfällen sind es nur wenige Schritte bis ins historische Stadtviertel Varoshi, in dem während der osmanischen Zeit die meisten Christen der Stadt lebten. Viele Häuser sind dort in den letzten Jahren restauriert und farbenfroh neu gestrichen, einige in romantische kleine Hotels umgewandelt worden. Eins davon ist das dreigeschossige „Four Seasons“ in einem stattlichen alten Archontiko, das direkt über Überresten der antiken Stadt Edessa erbaut wurde. Bei der Restaurierung hat man im Lobbybereich wie im Athener Akropolismuseum zum Teil einen Boden aus Panzerglas verwendet, so dass ein Blick auf die Stadtmauer aus dem 5. Jahrhundert v.Chr. möglich ist. Weitere antike Überreste hat Edessa gleich unterhalb der Wasserfälle in der weiten Ebene zu bieten, die Griechenlands Hauptanbaugebiet für Kirschen ist. Da ist die alte Stadtmauer in Teilen noch bis zu fünf Meter hoch erhalten.

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In ganz Hellas berühmt: Die Wasserfälle von Edessa.

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Schön restauriert: Das Altstadtviertel Varoshi in Edessa.

Warme Quellen

Von Edessa sind es dann nur noch 32 Kilometer bis nach Pozar zu Füßen des 2.524 Meter hohen Voras-Gebirges, das auch oft noch bei seinem slawischen Namen Kaimaktsalan genannt wird. Gleich hinter diesem Gipfel beginnt die FYROM, die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Mazedonien. Im Winter ist da oben auf griechischer Seite sogar ein großes Skigebiet mit acht Pisten und vier Liften in Betrieb. Skier, Snowbards und Snowmobile können ausgeliehen werden. An klaren Tagen lohnt die Auffahrt auch für Nicht-Wintersportler: Aus den Liegestühlen der Snow Bar reicht dann der Blick bis zum Thermäischen Golf und zum Olymp hinüber.
Nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über gut frequentiert ist Pozar. Nicht nur ältere, sondern auch viele junge Griechen kommen hierher, um in heißem Thermalwasser zu baden. Das lindert nämlich nicht nur allerlei körperliche Beschwerden, sondern hat auch einen hohen Spaßfaktor – und kostet nichts. Zu jeder Tages- und Nachtzeit kann man sich direkt ins flache warme Wasser setzen und legen, das hier im und am Bach aus dem Boden sprudelt. Getränke und Snacks werden mitgebracht, für Musik im Ohr sorgt das Smartphone. Zwischendurch eine Dusche unter kalten oder warmen Wasserfällen, und das Badevergnügen ist komplett. Wer zwei Euro ausgibt, steigt von morgens um 7 bis abends um 22 Uhr (und an Wochenenden sogar bis 2 Uhr) in eins der kleinen, gemauerten Thermalbadebecken, die von bis zu 37° C warmen, fühlbar weichen Quellwasser gespeist werden und watet oder schwimmt darin herum. Außerdem gibt es auch einen großen, recht modernen Pool, der auch für Körperbehinderte und Gehschwache bestens geeignet ist. Zwei große Café-Restaurants direkt an den Becken sorgen fürs leibliche Wohl. Nur Parkplätze sind knapp; einen Busverkehr zwischen den bis zu drei Kilometer entfernten Hotels und den Thermalquellen gibt es nicht. Den Kurgästen macht das wenig aus, denn auch Spaziergänge sollen ja gesund sein.
Für Gesundheit und Wellness sorgen zudem Kureinrichtungen wie Thermalbadewannen, medizinische Bäder und Massageangebote. Viele der neueren Hotels bieten einen kleinen Spa-Bereich mit Innen- und Außenpool, Sauna und Fitness-Center. Wer besonders sportlich ist, wandert auch mindestens einmal zwei Stunden am Bachufer entlang bis zu den zwölf Meter hohen Kounopitsa-Wasserfällen, wo das Wasser ebenfalls angenehm warm und das Naturbecken sogar zum Schwimmen geeignet ist.

Von Klaus Bötig

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