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Ein Ausflug nach Perachora bei Loutraki

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Ein Ausflug nach Perachora bei Loutraki

Das „Jenseitige Land": schön, erholsam, romantisch und sehenswert Von  Ursula Spindler-Niros Auch in Herbst und Winter muss das Meer nicht unbedingt seine Anziehungskraft verlieren – wenn es nämlich in Küstennähe Sehenswürdigkeiten gibt, die Natur, Landschaft und Geschichte zu einem Erlebnis vereinen. Im Bereich von Korinth liegen auf beiden Seiten der berühmten Landenge mehrere kleinere antike Stätten in Strandnähe.

Bei Kehries, wo einst einer der beiden Häfen von Korinth lag, ragen Säulen aus dem seichten Uferwasser, bei Lecheon, dem zweiten korinthischen Hafen, breiten sich die Fundamente einer riesigen frühchristlichen Basilika zwischen Dünen aus, am Isthmos selbst findet man noch das Pflaster des Diolkos, des antiken Schleifweges, auf dem die Schiffe über die Landenge gezogen wurden... Besonders sehenswert sind die direkt am Strand gelegenen Ruinen eines antiken Heiligtums der Hera nahe dem sog. „See von Perachora".

Der Weg führt über den Badeort Loutraki, der in der Vergangenheit schon häufig von zerstörerischen Seebeben im Golf von Korinth betroffen war und deshalb ein modernes Stadtbild hat. Er hat sich aber auch das Fluidum eines kultivierten traditionsreichen Kurortes bewahrt: mit einer zum Bummeln einladenden, gepflegten Küstenpromenade, die von Restaurants und Cafés gesäumt ist, einem kleinen Kurgarten, einer Trinkhalle und einigen weiteren Kurzentren immer noch im klassizistischen Stil des 19. Jahrhunderts, als Loutraki, unter dem Namen „Therma" schon in der Antike als Heilstätte bekannt, wiederauflebte und sich zu einem der bedeutendsten Thermalbäder Griechenlands entwickelte. Man behandelt hier mit heißen Quellen u.a. arthritische Beschwerden, Lebererkrankungen und Frauenleiden.
Direkt hinter den Kureinrichtungen erheben sich jenseits der Straße die Geraneia-Berge: Wasserläufe stürzen in Kaskaden herab, ein Kloster grüßt von oben, es geht in Serpentinen hinauf, die Aussicht auf die zugleich felsige und grüne Küste und den blauen Golf wird von Kurve zu Kurve zauberhafter... In der Rundung des hier endenden Golfs grüßen von gegenüber die Neubauten von Korinth. Die Stadt hatte über das ganze Gebiet, das wir durchfahren, in antiker Zeit die Hoheitsrechte, und der schon damals geprägte Name „Perachora" für das in eine charakteristische Halbinsel mündende Hinterland bezieht sich auf die Lage zu Korinth: „Jenseitiges Land".
Nach dem steilen Aufstieg legt sich die Straße als welliges Band über sanftere, landeinwärts gelegene Hügel, die trotz mehrerer sommerlicher Brände immer noch etliche Baumriesen und, besonders nach den ersten herbstlichen Regenfällen, wieder frisches Grün tragen. Bald schiebt sich erneut ein Wasserspiegel ins Blickfeld: der „See" von Perachora oder der „Vouliagmeni-See", wie er auch heißt, was so viel bedeutet wie „der Versunkene".
Einst war der „See" wirklich ein See, direkt hinter der Küstenlinie, aber von ihr abgeschnitten, fischreich, das Wasser weder süß noch salzig. Um das Jahr 1880 herum hat man eine Durchfahrt zum Meer gestochen und machte ihn zur allerdings fast ganz umschlossenen Meeresbucht, - die nun eindeutig Salzwasser enthält. Nur kleine Fischerboote, Segel- und Motorjachten haben Zufahrt. Im Hochsommer ist das kristallklare, meist spiegelglatte Gewässer mit seinen sanften Ufern für Familien mit kleinen Kindern, die hier gefahrlos plantschen und spielen können, besonders geeignet. In der kühleren Jahreszeit kann man in den umliegenden Hügeln wandern, und die erste Richtung, die man einschlägt, sollte zu dem von einem Leuchtturm gekrönten Kap führen. Wer hinaufsteigt, wird durch wundervolle Ausblicke auf Meer, diesseitige und jenseitige Küste belohnt – nicht zuletzt mit der Sicht auf die Einfahrt in den Kanal von Korinth und die rege befahrene Schifffahrtsroute. Das Kap ragt, eine kleine Bucht umklammernd, in den Golf hinein, und hier liegt das Heiligtum der Hera.

Göttin des Hafens und der Landspitze

Anfang der 30er Jahre wurde es unter großem Aufwand schnell und zielstrebig von Humphry Payne und der „British School of Archeology" ausgegraben, wobei ein Schatz bedeutender Kleinfunde, vor allem Stier-Statuetten, die Hera heilig waren, aus dem 9. und 8. Jh. v. Chr. gefunden wurde. Die Göttin wurde hier als „Hera Limenia" oder „Hera Akraia", Göttin des „Hafens" bzw. der „Landspitze" („Akrotiri") verehrt. In der kleinen Bucht brachten Seeleute, die Korinth ansteuerten oder von Korinth ausfuhren, der Göttin Opfer dar – eine Fülle fremdländischer antiker „Souvenirs" fand sich unter den unzähligen einheimischen Weihegaben.
Die heutige Zufahrtsstraße an diesen Teil der Küste endet oberhalb der Klippen. Sie gewähren den Überblick über das gesamte archäologische Gelände: Die einstige Kultstätte selbst mit Tempel und Altar liegt im Zentrum der Anlage direkt am Strand der Bucht, und auf den Anhöhen jeweils östlich und westlich erheben sich die Ruinen weiterer Bauten, die für die Vorbereitung der Kultzeremonien und die Versorgung der Pilger benötigt wurden. Der Abstieg über den Klippenpfad ist problemlos und führt zuerst zu einer beeindruckend großen Zisterne mit apsidialen Schmalseiten, ein bedeutendes antikes Ingenieurwerk und ein Beispiel aus dem ausgeklügelten Zisternensystem, das die Archäologen im gesamten Gebiet von Perachora nachgewiesen haben. Südlich neben der Zisterne liegen Mauerzüge eines Symposion-Gebäudes, eines Speisehauses zur offiziellen Bewirtung hochgestellter Besucher des Heiligtums.
Das Heraion von Perachora war wie alle antiken Heiligtümer eine Asylstätte für Verfolgte. Dass dies keine Garantie für   absolute Sicherheit bot, wissen wir von Xenophon aus der Geschichte des „Korinthischen Krieges" gegen Sparta (391-390 v. Chr.), als hier die korinthischen Bürger mit ihren Familien Schutz suchten. Agesilaos, König von Sparta, zwang sie unter der Androhung, sie auszuhungern, sich zu ergeben, und führte sie als Strafaktion für ein Massaker alle, und es waren Tausende, in die Versklavung.
Bedeutend war das Heiligtum auch als Sitz eines Kultes für die Kinder der Medea: Sie soll hier der mythologischen Überlieferung nach am Altar der Hera ihre Söhne getötet haben. Das führte zur Einrichtung einer eigenen Opferstätte, die Zentrum eines Initiationsritus für Kinder oder Jugendliche aus korinthischen Elitefamilien wurde.

Griechenland Zeitung

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