Die antike Heldin war gestrandet. Die Urlauber kommen freiwillig.....
Keine andere Inselgruppe entspricht so sehr dem griechischen Urlaubstraum wie die Kykladen, lose hingestreut südöstlich von Athen.
56 Inseln und Inselchen sind es, die in die blitzblauen Fluten der Ägäis gekleckert sind. In der Antike nahm man an, sie scharten sich in einem Kyklos, einem Kreis, um die heilige Insel Delos.
Heute dreht sich alles um Naxos, denn die größte Insel der Kykladen ist zu ihrem Angelpunkt geworden. Daraus zu schließen sie wäre auch das Ideal, ist freilich falsch. Griechenlandpuristen werfen ihr ja gerade ihre Größe vor und haben damit nicht so Unrecht: Das insulare Feeling ist auf den Winzlingen rechts und links von ihr ungleich stärker.
Das ist aber das Einzige, was man an Naxos bemängeln dürfte - sieht man davon ab, dass es im Sommer mit legerer Weltabgewandheit nicht weit her ist, ist Naxos der Inbegriff Griechenlands.
Weiß gewaschene Häuserwürfel mit ägäisblauen Türen und Fensterläden, der Lack in dicken Schichten aufgetragen. Persilweiße Kirchen mit strahlend blauen Kuppeln. Dazwischen ein breites Farbenspektrum aus Blumentöpfen sowie Chaos aus wild wucherndem Wein, Kafenions und Katzen, Olivenbäume und Baklaya. Sonne und Meer. Kein Griechenlandklischee, das Naxos auslässt!
Von vorrangigem Interesse für mitteleuropäische Feriengäste sind natürlich die Strände. Die auf Naxos sind in der Tat wunderschön. Sie nehmen ihren Ausgang direkt von Naxos-Stadt und ziehen sich Bucht an Bucht, bis weit hinunter in den Süden: Agios Georgios, Agia Prokopios, Agia Anna, Margas, Plaka und Mikri Vigla. Die Trubelhaftigkeit sinkt mit zunehmender Entfernung von Naxos-Stadt, wie weggewischt ist der ganze Rummel, das rastlose Beachlife hinter dem Kap, das zu Margas und Plaka biegt.
Die Küste schlägt einen kilometerlangen Bogen, unterlegt mit feinstem Sand, flankiert von luftigen Tamarisken. Vergleichsweise wenig Lokale und Unterkünfte reihen sich im Hintergrund an die Strandpromenade, die sich auf halben Weg in den Süden im Sand verliert.
Noch einen Felsenvorsprung weiter liegt das kleine Dorf Mikri Vigla in einer Traumbucht mit türkisem Wasser und blütenweißem Sand.
Diese idyllische Abgeschiedenheit ist jedoch weit weg von Naxos-Stadt. Zwar pendeln öffentliche Busse hin und her, trotzdem ist es nicht das Gleiche wie am Agios Georgios, der unmittelbar aus der Stadt herauswächst. Von dort aus kann man nach Lust und Laune in die Chora, wie die Griechen den Hauptort jeder Insel nennen, auf ein Eis, auf einen Kaffee zwischendurch oder ein paar Souvlaki vorbeischauen. Das hat was.
Naxos-Stadt ist vor allem deswegen so angenehm fröhlich, weil sie in sich lebendig ist. Einer jener raren Plätze auf den griechischen Inseln, die sich nicht völlig dem Fremdenverker hingeben sondern ihren eignene Rhythmus weiterleben. Gleich hinter dem schmalen Küstenstreifen geht die Tourismusindustrie nahtlos in die Landwirtschaft über und steigt bald an zur fruchtbaren Tragea Hochebene. Zitrushaine, Weinberge und Abertausende von Olivenbäumen erlauben den Naxoten sich von den großen Tourismusgebieten im Norden abzuschirmen.
Sie haben sich mit dem Tourismus arrangiert, anstatt sich ihm zu unterwerfen. Sie präsentieren ihre groben Bergdörfer mit Stolz, tun aber kaum was dazu, sich dem Geschmack der Fremden anzubiedern. Sie lassen den Gast durch ihre Natur wandern, den Weg muß er jedoch selber finden. Sie zeigen ihre prähistorischen Steinjünglinge und ihre antiken Tempel, wollen noch nicht einmal Eintritt dafür.
Klingt fast zu gut, um wahr zu sein, auf einer Insel, die von Chartermaschinen angeflogen wird!
Gabriela