Raus aus dem Winter: So schön ist Griechenland!
Die Deutschen lieben Griechenland. Die griechischen Inseln verzaubern mit ihrem Charme. Sonnenschein, wunderschöne Strände, kristallklares Wasser und viel Erholung, das sind die Versprechen, die Griechenland problemlos erfüllen kann.
Die besten Reiseziele Griechenlands für das Frühjahr
Griechenland ist bei vielen Urlaubern ein beliebtes Sommerreiseziel, doch gerade im Frühling ist es hier besonders schön. Bei angenehmen Temperaturen und verhältnismäßig wenig Tourismus entdeckt man das Land und seine zahlreichen Inseln von einer ganz neuen Seite.
Das tiefe Blau der Kykladen begeistert stets aufs Neue
Auf der Kleininsel Sikinos besteigen wir unsere altvertraute Fähre „Aqua Spirit“. Wir starten heute unsere Kreuzfahrt durch den Kosmos der kleinen Kykladen. Anlegen, entladen, aussteigen, beladen, einsteigen, alles wie immer. Die „Aqua Spirit“ zieht schnell an Sikinos entlang. Wir sehen vom Meer aus zurück auf die Orte, die wir auf unseren Wegen kennen gelernt haben, und etliche, wo wir zu Fuß nicht hinkommen konnten.
Ein Dorf auf Kreta: Quicklebendiges Fodele
Betriebsamkeit zwischen uralten, riesigen Platanen
Fodele ist ein Nest, eingeklemmt zwischen den Hügeln, die das Tal des Pantomantris begleiten, eines wilden Gebirgsbachs, der aus den kretischen Bergen kommt und drei Kilometer weiter ins Meer sich ergießt und so den Aalen Gelegenheit gibt, flussaufwärts zu laichen. Das Dorf – aus der Ferne sieht es idyllisch aus – ist ein Konglomerat aus Behausungen, die keiner architektonischen Vernunft folgen. Aus den meisten Dächern stehen die Armiereisen des Betongusses heraus. Nur in einigen Gassen erahnt man das authentische kretische Dorf, wie es sich Griechenlandromantiker vorstellen.
In den vergangenen Jahrzehnten ist aus dem Dorf Fodele eine gestreute Siedlung geworden, die von der nahen Großstadt, aber auch vom durchgehenden Tourismus ihr heutiges Gesicht erhalten hat. Was sich an dem Ort über Hunderte von Jahren nicht verändert hat, ist der Fluss Pantomandris, an dessen Ufern sich schon im 13. Jahrhundert Menschen niedergelassen haben. Dieser ist auch die Ursache für die Attraktivität des Ortes, indem er links und rechts eine üppige Natur gedeihen lässt. Ein Naturpfad den sprudelnden Fluss entlang hat es den Wochenendtouristen besonders angetan.
Mit einem Orangenfest gegen die Krise
Wir sind am Faschingswochenende auf Einladung von Freunden dort eingetroffen. Es war nur eine kurze Autofahrt die 27 Kilometer auf der Nationalstraße mit den verschneiten Bergen im Hintergrund von Iraklio zur Fodele-Bucht und von dort hinauf in das Dorf. Im Fluss, der parallel zur Hauptstraße verläuft, machten sich mehrere Menschen in Gummigaloschen zu schaffen. Schwarze Müllsäcke füllten sie mit Plastiktüten, Limonadendosen, Spielsachen, Blechstücken und sonstigem Zivilisationsmüll. Das Dorf sollte einen sauberen Eindruck hinterlassen auf die Gäste, die man erwartete. Der Kulturverein hatte beschlossen, am Faschingsmontag (Kathara Deftera) ein Orangenfest zu feiern und die ganze Umgebung dazu einzuladen. Die mit einem hervorragenden Mikroklima versehenen Gärten und Plantagen rund um das Dorf lassen den Anbau von wunderbar schmackhaften und saftigen Orangen zu. Wegen der aufwändigen Pflege der Bäume aber erbringen die Plantagen seit einigen Jahren immer weniger Gewinn. Einige der Bauern lassen die Früchte an den Bäumen hängen, bis sie auf den Boden fallen und verfaulen. Stattdessen nahmen sie lieber in die Stadt oder in einem der nahe gelegenen Touristenhotels eine Lohnarbeit auf. Doch das ist in der Krise nicht mehr so leicht. Das hat einige Bewohner auf die Idee gebracht, es vielleicht mit etwas besserem Marketing zu versuchen. Also ein Orangenfest ins Leben rufen, das vor allem von den Dorffrauen organisiert wird. Vorneweg Charoula, eine etwas stämmige Mittfünfzigerin, die Zigarillos raucht und überall zu finden ist, wo Hilfe gebraucht wird als Pflegerin, als Mitglied des Gemeinderats oder als Initiatorin solcher Aktionen.
Auf der Platia zwischen uralten und riesigen Platanen herrschte schon am Morgen rege Betriebsamkeit. Männer stellten Tische und Bänke auf und kochten in riesigen Kesseln die zum Fastenmontag gehörende Bohnensuppe. Dann kamen die Frauen mit Gerührtem, Gebackenem und Gebranntem, um zu zeigen, was man aus Orangen alles machen kann. Allmählich füllte sich der Platz mit den Gästen. Schließlich packten junge Männer Lyra, Laute und Gitarre aus und begannen zum kretischen Tanz aufzuspielen.
Geburtsort des großen El Greco
680 Einwohner hat Fodele, eine Kirche, zwei Metzger, zwei Minimärkte, eine Bäckerei und ein Kiosk versorgen Seele und Leib mit dem nötigen Bedarf. Es gibt keine Behörde, keine Telefonzelle, kein Postamt und keinen Briefkasten, auch keinen Laden mit Zeitungen. Wer aber aus Iraklio am Wochenende in Fodele etwas frische Luft bei einem Spaziergang den Fluss entlang sucht, findet eine Reihe von Geschäften mit Andenken und lokalen Produkten wie Honig, Marmeladen, Raki sowie gestickten Tischdecken, Täschchen und Andenken. Dazu gibt es sechs Restaurants und zwei Cafés. Die heißen Jasemi, Platanos, Domenico und El Greco. Domenikos Theotokopoulos, der nach seiner Ausbildung im 16. Jahrhundert als Maler nach Italien und später nach Spanien übersiedelte und dort den Namen El Greco erhielt, ist offensichtlich in Fodele geboren. Außerhalb des Dorfes gibt es ein Haus, das der Familie Theotokopoulos gehörte und in ein kleines Museum umgewandelt wurde. Zwar hängen dort nur Reproduktionen von einigen der berühmten Malereien des Künstlers, aber es zieht nicht wenige Besucher an, zumal das daneben stehende byzantinische Kirchlein Panagia ein Juwel byzantinischer Kirchenarchitektur darstellt und für das fehlende Kunsterlebnis im Museum entschädigt.
Man isst zusammen, man trinkt zusammen
Die Touristenattraktion Fodele unterscheidet sich von vielen anderen kretischen Touristenorten wie vom nahe gelegene Agia Pelagia dadurch, dass es auch im Winter belebt ist und dass seine Einwohner einem produzierenden Beruf nachgehen als Viehzüchter, Gemüsebauern, Handwerker, Plantagenbesitzer. Auf dem Weg zum Meer hat Manos Fthinakis ein großes Gewächshaus errichtet für Hydroanbau. Wir treffen dort Jorgos, seinen etwas pummeligen 14-jährigen Sohn an, der den Stimmbruch noch vor sich hat. Mit seinen Gummigaloschen stapft er vor uns her und erklärt uns äußerst höflich und fachkundig, wie der Anbau verschiedener Salate ohne Belastung der Böden funktioniert. „Der wird nie in seinem Leben arbeitslos werden“, sagt Vana, eine Einheimische, die uns begleitet hat.
Etwas außerhalb von Fodele betreibt in den Herbstmonaten Michalis eine Schnapsbrennerei, aus der der Raki stammt, der nicht nur in den Kneipen angeboten wird. In allen Häusern steht die Schnapsflasche auf dem Tisch und zirkuliert schnell, wenn jemand das Haus betritt. So auch bei Evripidis und Soula, die direkt an der Hauptstraße neben der Platia wohnen. Ein Holzgatter trennt eine Art Terrasse von der Straße. Dann steht man aber auch schon im Wohnraum mit Küche. Dort geht es zu wie in einem Bienenkorb. Nebenan befindet sich das Haus von Soulas Kusinen. Man isst zusammen, man trinkt zusammen, man streitet lautstark und man spielt zusammen Karten. Jeden Abend, vor dem Essen und nach dem Essen. Mit viel Lärm und Gelächter. Ständig kommen andere Leute aller Altersgruppen vorbei, setzen sich kurz, trinken ein Glas Raki und verschwinden wieder.
Erinnerung an einen Admiral mit Esel
Hunderte von diesen Sekundenkontakten pflegen sie alle in dem Dorf. Es geht nicht um Informationen, nur um die Nähe zu den anderen. An schönen Tagen isst man auf der Terrasse. Die vorbei ziehenden Wochenendtouristen können der Familie auf die Teller blicken. Als am Sonntagmittag sich dort wieder eine große Gesellschaft niedergelassen hat, donnert ein schweres Motorrad in unerlaubtem Tempo vorbei, dreht auf der Platia eine Wende und kehrt zurück mit knallenden Vergaser-Explosionen. Flüche und die dazu passende Mountza (verächtliche Geste mit der Hand) verfolgen den jungen Burschen. „Die tyrannisieren das ganze Dorf. Sie leben vom Drogenhandel und haben auch eine Kalaschnikow zu Hause“, sagt mir Evripidis, „die Polizei deckt sie und warnt sie vor einer Razzia. Vergiss nicht, dass Zonianá nicht weit von hier ist.“
Admiral nannten sie den Mann mit den zu kurzen Beinen, der noch vor wenigen Monaten täglich mehrmals auf seinem Esel durch das Dorf geritten ist. Der Esel ist vor kurzem eingegangen. Dann starb auch der Admiral. Nun wird sein vierzigster Todestag (Mnimosino) begangen mit Gottesdienst und Kolyva (gequollene Weizenkeime mit Gewürzen und Zucker). Die Kirchenglocken melden das Ereignis an, die Kirche ist voll und noch voller sind die Cafés, wo von den Überlebenden der Trostkaffee eingenommen wird. Am Abend baut Jannis in seinem Restaurant Lautsprecher auf, ein DJ übernimmt die Unterhaltung, diesmal für die jungen Leute des Dorfes. Das Nest Fodele ist quicklebendig und trotzt der Krise.
Hubert Eichheim
Unsere Fotos (© Griechenland Zeitung / Hubert Eichheim) zeigen Platanen, die den Dorfplatz überschatten und ein Familienfest am Straßenrand.