Während Griechenland intensiv auf der Suche nach Geldern ist, um das Land aus der akuten Finanz- und Wirtschaftskrise zu bugsieren, bekommen die Angestellten der staatlichen Stromgesellschaft DEI indirekte Gehaltserhöhungen. Aus einem ähnlichen Grund, der die Führungskräfte begünstigt hatte, trat jetzt der Direktor zurück.
Der Präsident und geschäftsführende Direktor der staatlichen Stromgesellschaft Griechenlands DEI Arthouros Zervos ist am Mittwoch von seinem Posten zurückgetreten. Sein Rücktrittsgesuch wurde vom Minister für Produktiven Wiederaufbau, Umwelt und Energie Panagiotis Lafazanis angenommen. Grund dafür waren Gehaltserhöhungen von 19 Führungskräften des Unternehmens in den Jahren 2010 bis 2012. Die daraus entstanden zusätzlichen Ausgaben sollen sich auf etwa 150.000 Euro belaufen.
Schwere Gehaltskürzungen
Wegen dieses Vorfalls muss Zervos auch vor der Justiz seine Aussage zu Protokoll geben. Vorgeworfen wird ihm Untreue gegen das Unternehmen. Im Frühling 2010 war eine akute Finanz- und Wirtschaftskrise mit voller Wucht über Griechenland hereingebrochen, mit der das Land heute noch zu kämpfen hat. Zahlreiche Staatsdiener wurden anschließend in die Arbeitsreserve geschickt, für viele von ihnen mündete das in der Entlassung. Die Arbeitslosigkeit schnellte auf 27 % in die Höhe. Außerdem war vom Parlament ein Gesetz verabschiedet worden, wodurch die Gehälter der Angestellten staatlicher Unternehmen auf maximal 5.900 Euro Brutto gedeckelt wurden. Allgemein mussten die Staatsdiener Gehaltskürzungen von durchschnittlich 35 % hinnehmen. Nicht ganz so schlimme wurde es bei der DEI, hier wurde den weniger gut verdienenden Angestellten etwa 25 % des Einkommens gestrichen. Der Durchschnittslohn liegt derzeit beim staatlichen Stromanbieter um die 1.500 Euro netto, was im Griechenland der Krise ein passables Einkommen ist.
Einnahmeloch bei Führungskräften
Die Führungskräfte allerdings hatten durch diese Regelungen plötzlich ein Einnahmeloch in Höhe von bis zu 75 %. Diese Einbußen sollten durch die Anhebungen etwas gestopft werden. Zervos, der in den USA sowie in Frankreich studiert hat, stand etwa fünf Jahre an der Spitze der DEI. Unter seiner Leitung wurde die Privatisierung von Teilen des Unternehmens organisiert. Nicht zuletzt aus diesem Grund gilt er bei der heutigen Regierungspartei SYRIZA als unpopulär. Seine Absetzung sei bereits seit längerer Zeit geplant gewesen, heißt es.
Zuwendungen für die Mitarbeiter
In dieser Woche kam die DEI wegen vermehrter Zuwendungen für die Mitarbeiter allerdings ein zweites Mal in die Schlagzeilen. Grund ist eine Tarifvereinbarung zwischen der DEI und deren Gewerkschaft GENOP. Künftig erhalten die Angestellten des Stromanbieters eine Gehaltserhöhung von bis zu 6 Euro täglich. Ausgezahlt wird diese in Form eines Coupons für die Verköstigung der 15.000 Angestellten. Die dafür ausfallenden Ausgaben werden auf 20 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. In der Öffentlichkeit wurde kritisiert, dass den Stromarbeitern auf diese Weise mit einem Schlag indirekt ein zusätzliches Gehalt mitten in der Krise zugeschanzt worden sei, während in den letzten Jahren zahlreichen armen Familien der Strom abgeschaltet wurde, weil diese die Rechnungen nicht mehr bezahlten konnten.
Finanzminister war überrascht
Finanzminister Janis Varoufakis wurde erst während eines Fernsehinterviews über diesen Handstreich informiert. Er erklärte spontan, dass er nicht über Gehaltserhöhungen bei der DEI wisse. Falls dies tatsächlich der Wahrheit entsprechen sollte, habe er „ein Problem“. Der neu vereinbarte Rahmenvertrag mit dieser Regelung gilt für drei Jahre.
Kritiker werfen nun der linken SYRIZA-Regierung vor, der GENOP unter die Arme zu greifen, weil dort einflussreiche Gewerkschafter der Regierungspartei nahe stehen. Doch auch innerhalb der Partei gab es kritische Stimmen gegen die indirekte Gehaltsanhebung. Fraktionssprecher Nikos Filis konstatierte, dass die Regierung auf der Suche nach finanziellen Mitteln für die versprochene Armenausspeisungen sei. Da sei es „provokativ“, dass die DEI-Angestellten so viel zusätzliches Geld für ihre Speisung erhalten würden.
Text: Elisa Hübel, Foto: Eurokinissi