Die Bemühungen, sämtliche Ursachen für ein Eisenbahnunglück herauszufinden, das sich vor zwei Jahren bei Tempi in Makedonien ereignete, stoßen immer wieder auf neue Hindernisse.
In dieser Woche nahm der Chef der Nationalen Organisation zur Untersuchung von Flug- und Eisenbahnunfällen und für Verkehrssicherheit (EODASAAM) Christos Papadimitriou den Hut. In seiner Rücktrittserklärung nannte er persönliche und familiäre Gründe.
Vorangegangen waren zahlreiche Statements, die immer wieder für neue Verwirrung angesichts einer schweren Explosion stießen, die sich nach dem Frontalzusammenstoß eines Personen- und eines Güterzuges Ende Februar 2023 ereignete. 57 Menschen fanden damals den Tod, mehrere von ihnen dürften erst durch den ausgebrochenen Brand ums Leben gekommen sein.
„Fiasko und Waterloo“
Die EODASAAM war im September 2023 ins Leben gerufen worden, um die tatsächlichen Ursachen des Zugunglücks ans Tageslicht zu bringen. Im Rahmen eines kürzlich veröffentlichten Berichtes wurden als Mitarbeiter Wissenschaftler genannt, die an der belgischen Universität von Gent beschäftigt sind. Diese erklärten, dass sie den von der EODASAAM gezogenen Schlussfolgerungen nicht zustimmen würden.
Die sozialistische Oppositionspartei PASOK sprach von einem Fiasko und einem Waterloo der Regierung unter der konservativen Nea Dimokratia. Kritisiert wurde, dass die EODASAAM keinesfalls regierungsunabhängig sei und dass sie vielmehr vom Transportministerium beaufsichtigt werde. Der Vorsitzende der populistischen Partei Niki Dimitris Natsios bezeichnete die Regierung in diesem Zusammenhang gar als eine „kriminelle Organisation“.
Eine „Achterbahnfahrt“
Unterdessen haben breite Kreise der Bevölkerung den Eindruck gewonnen, dass die Bahn nur über eine unsichere und gefährliche Infrastruktur verfüge. Seit Anfang des Jahres sind mehrfach tausende Bürger auf die Straße gegangen, um für sicherere Verkehrsmittel und vor allem für eine konkrete Benennung der Ursachen des Tempi-Zugunglücks zu demonstrieren.
Im Dezember etwa hatte die europäische Statistikbehörde Eurostat eine Studie veröffentlicht, wonach 2023 – berechnet je 1000 Kilometer Gleislänge – in Griechenland innerhalb der EU die meisten Menschen ums Leben gekommen seien.
Dabei reist die Pannenserie bei der Bahn nicht ab. Im Januar kollidierte in der Nähe von Patras ein Zug der Vorortbahn Proastiakos mit einem Pkw. Grund dafür war, dass aufgrund eines Defektes, die Schranken nicht funktionierten. Kurz zuvor war ein Stromabnehmer in die Proastiaskos-Station des Athener Flughafens Eleftherios Venizelos gestürzt. Im Dezember mussten Passagiere der eben erst eröffneten U-Bahn von Thessaloniki wegen eines Fehlers mitten im Tunnel aussteigen. Die Partei Neue Linke warf der Regierung damals vor, den öffentlichen Transport in eine Achterbahn zu verwandeln.
Im November waren in der Nähe von Katerini in Zentralmakedonien erneut zwei Züge auf dem gleichen Gleis unterwegs, als der eine von ihnen einen Maschinenschaden hatte. Der Zug, der hinter ihm unterwegs war, hatte weiterhin grünes Licht, um seine Fahrt fortzusetzen. Ein Unfall konnte damals durch telefonischen Kontakt der beiden Lockführer vermieden werden. Die kommunistische KKE vertrat die Einschätzung, dass der Personenverkehr per Eisenbahn „weiterhin gefährlich“ sei.
Mehr Sicherheit gefordert
Im Dezember hatte der damalige Transportminister Christos Staikouras während der Vorstellung einer Gesetzesnovelle, die mehr Sicherheit bei der Griechischen Bahn schaffen sollte, festgestellt, dass diese „über lange Zeit Mängel und Unstimmigkeiten aufweist“.
Mitte Dezember hatte Roberto Rinaudo, Geschäftsführer des Bahnverkehrsunternehmens Hellenic Train, das den Zugverkehr auf dem Netz der Griechischen Eisenbahn betreibt, erklärt: „Sicherheit ist nicht nur ein Ziel, sondern eine tägliche Verantwortung. Wir investieren in spezielle Schulungen, moderne Systeme und neue Betriebsmethoden, wobei der Schutz der Passagiere und des Personals im Vordergrund steht.“ – Die Ergebnisse dieser Bemühungen lassen nach Einschätzung vieler Bürgerinnen und Bürger freilich noch auf sich warten.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)