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Griechenlands Ex-Premier Tsipras: „Die Politik ist nicht nur TikTok“ Tagesthema

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Griechenlands Ex-Premier Tsipras: „Die Politik ist nicht nur TikTok“

Im Rahmen des 9. Internationalen Delphi Wirtschaftsforums, das bis zum Wochenende stattfindet, machte der frühere Ministerpräsident und ehemalige Vorsitzende des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) Alexis Tsipras auf sich aufmerksam. Offenbar besteht für seine Sicht auf die politischen Entwicklungen noch immer großes Interesse: Das Interview mit ihm fand in einem randvoll gefüllten Saal statt.

Es war das zweite Mal nach seinem Rücktritt nach den verloren Wahlen im vorigen Sommer, dass er sich umfassend zur politischen Lage äußerte. Dabei verteilte er Kritik in jede Richtung, nicht zuletzt auch an die Adresse des jetzigen SYRIZA-Chefs Stefanos Kasselakis: „Die Politik ist nicht nur TikTok“, stellte Tsipras fest. Gemünzt war dies u. a. auf einen sehr unbefangenen Umgang seines Nachfolgers mit  den sogenannten Sozialen Medien. Wohl nicht zuletzt aus diesem Grund war Kasselakis, bis dahin in der Politik ein Unbekannter, im Herbst überraschend zum Parteichef gewählt worden.

Außerdem ging Tsipras auch auf die bevorstehenden Europawahlen ein, wobei er vor einem Erstarken extrem rechter politischer Kräfte warnte. Scharfe Kritik äußerte er an der konservativen Regierung der Nea Dimokratia (ND) und an ihrem Vorsitzenden Kyriakos Mitsotakis. Im Moment habe es den Anschein, dass dieser als einziger auf einer Bahn laufe und trotzdem erst als zweiter durchs Ziel komme, sagte er spöttisch. Seiner Einschätzung nach werde der ND-Chef „ein Problem“ bekommen, falls seine Partei bei den Europawahlen ein wesentlich schlechteres Ergebnis einfahren sollte, als das bei den nationalen Parlamentswahlen am 25. Juni der Fall war – damals erzielte die ND 40,56 Prozent der Stimmen und konnte mit 158 Mandaten eine autonome Regierung bilden.
Befragt zum griechisch-türkischen Verhältnis schätzte der Linkspolitiker ein, dass Ankara „eine klare Strategie“ verfolge, und leider müsse man danach suchen, „die unsere zu finden“. In diesem Zusammenhang warf er Mitsotakis vor, „Zugeständnisse“ gegenüber der türkischen Seite zu machen.
Nicht zuletzt ging Tsipras auch auf die Rolle des ehemaligen deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (1942-2023) ein, der sich während der Eurokrise – Tsipras fungierte damals als Premierminister – einen Namen gemacht hatte. Er hatte sich vor allem für eine strenge Austeritätspolitik gegenüber Athen ausgesprochen, was für Hellas einem Spardiktat gleichkam. Tsipras kommentierte nun, dass der im Dezember verstorbene deutsche Politiker das Thema eines Austritts Griechenlands aus dem Euro mit „Hartnäckigkeit“ verfolgt habe. Er habe aber gleichzeitig „den Mut aufgebracht, fünf Dinge beim Namen zu nennen“.
(Griechenland Zeitung / Jan Hübel)

Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt den früheren griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras während des Delphi Wirtschaftsforums am Donnerstag (11.4.)

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