Ein vieldiskutiertes und umstrittenes Bildungsgesetz, mit dem u. a. der Betrieb privater Universitäten in Griechenland ermöglicht wird, passierte am Freitag mit 158 Stimmen der Regierungsfraktion Nea Dimokratia (ND) und eines unabhängigen Abgeordneten das Parlament.
Im Zuge der Abstimmung kam es vor der Volksvertretung zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Dabei wurden mindestens neun Zivilisten und sieben Polizisten verletzt. Gegen die Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei wurden Brandsätze und Steine geworfen; die Ordnungshüter brachten Tränengas zum Einsatz. Zahlreiche Personen wurden in Gewahrsam genommen, mindestens drei wurden verhaftet. Zuvor hatten im Athener Zentrum mehrere Protestkundgebungen stattgefunden, an denen sich in erster Linie Studenten, aber auch Vertreter politischer Parteien und andere Gruppierungen beteiligten.
Vor der Abstimmung erfolgte in der Volksvertretung eine dreitägige Debatte, bei der es zu scharfen Wortgefechten zwischen Regierungsvertretern und der Opposition kam. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis verwies darauf, dass 85 Prozent des Gesetzes die öffentlichen Universitäten betreffen. Was die Einrichtung privater Universitäten angehe, so erhoffe man sich dadurch nicht zuletzt, dass künftig möglichst viele junge Menschen aus Griechenland in der Heimat studieren würden, statt dafür im Ausland Devisen auszugeben. Gleichzeitig werde das gesamte Bildungssystem qualitativ einen Aufschwung erleben. Das Land dürfe nicht weiter gefangen sein in „Dogmen anachronistischer Auffassungen“.
Für besonderes Aufsehen in der Medienberichterstattung sorgte ein Kommentar des Generalsekretärs der kommunistischen KKE, Dimitris Koutsoumpas. Er hatte mit Blick auf das skandinavische System der privaten Hochschulbildung davon gesprochen, dass sich viele Studentinnen nach „Sugar-Daddys“ umsehen müssten, um ihr Studium finanzieren zu können; zu Deutsch: nach einer Partnerschaft mit wohlhabenden älteren Männern, um dafür materielle Gegenleistungen zu erhalten. Mitsotakis forderte den KKE-Chef dazu auf, sich für dieses „sexistische Statement“ zu entschuldigen. Er habe damit bewiesen, dass die KKE „die anachronistischste Kraft“ im Parlament sei.
Der SYRIZA-Vorsitzende Stefanos Kasselakis, der selbst keinen Sitz in der Volksvertretung hat, vertrat die Auffassung, dass die ND das Ziel verfolge, „Supermarkt-Universitäten“ ins Land zu holen, die dann „Franchise-Diplome“ vergeben würden. Was hier geschehe, sei „verfassungswidriges Business“, das von seiner Partei entscheiden abgelehnt werde. (Griechenland Zeitung / Jan Hübel)