Login RSS

Schwerer Dämpfer für eine Verbesserung der griechisch-türkischen Beziehungen Tagesthema

  • geschrieben von 
Schwerer Dämpfer für eine Verbesserung der griechisch-türkischen Beziehungen Griechenlands Außenminister Nikos Dendias (l.) mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu vor der Presse (Foto: Eurokinissi)

 

Der Annäherungsprozess zwischen Griechenland und der Türkei hat einen schweren Dämpfer erhalten. Am Donnerstagabend kam es zu einem heftigen Disput vor laufenden Fernsehkameras zwischen dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu und seinem griechischen Amtskollegen Nikos Dendias. Was vielversprechend begonnen hatte, gipfelte in gegenseitigen Vorwürfen.

Der Besuch des griechischen Außenministers Nikos Dendias am Donnerstag in Ankara brachte nicht die erhofften Fortschritte. Zunächst stand ein Dreiertreffen zwischen Dendias und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan sowie mit seinem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu auf dem Programm. Anschließend gaben die beiden Außenminister eine gemeinsame Pressekonferenz. Diese begann vielversprechend, nahezu herzlich. Die beiden Politiker lobten sich gegenseitig, betonten ihre langjährigen persönlichen freundschaftlichen Beziehungen. Dendias übermittelte die besten Grüße des griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis.

Heftige Meinungsverschiedenheiten

Doch plötzlich trat die Kluft zwischen den Auffassungen beider Seiten deutlich zutage. Mehr oder weniger kam die gesamte Bandbreite der Meinungsverschiedenheiten aufs Tapet.
Die türkische Seite sprach die in Griechenland lebende muslimische Minderheit an, bei der es sich aus der Sicht Ankaras um eine „türkische Minderheit“ handelt. Dies wiederum wird von Athen unter Berufung auf internationale Verträge zurückgewiesen, was Dendias deutlich machte. Auch dass Griechenland angeblich Tausende Flüchtlinge in die Türkei zurückdrängen würde, wies der Besucher aus Athen entschieden zurück. Es handle sich dabei um „Fake News“. Weitere Schwerpunkte des verbalen Schlagabtauschs waren die Lösung der Zypernfrage, die illegale Suche der Türkei nach Erdgasvorkommen in der östlichen Ägäis sowie permanente Verletzungen des griechischen Luftraums durch türkische Kampfflugzeuge, wobei häufig auch griechische Inseln überflogen werden. Den Vorwurf des türkischen Chefdiplomaten, dass Griechenland Militär auf den Inseln der östlichen Ägäis stationiert habe, entkräftete Dendias mit der Feststellung, dass diese nur deshalb militarisiert seien, „weil es eine Bedrohung gibt“. Vor allem wies Dendias auch darauf hin, dass die Türkei mit Krieg drohe, falls Athen von seinem international verbrieften Recht Gebrauch mache, seine Hoheitsgewässer auf zwölf Seemeilen auszudehnen. Dies sei nicht akzeptabel. Dabei warb der griechische Politiker auch mit dem Besitzstand der Europäischen Union. Wenn die Türkei – und das hoffe er – eine EU-Mitgliedschaft anstrebe, müsse sie sich den gemeinsamen Werten unterordnen.

Die Opposition fordert Klarheit

Die größte griechische Oppositionspartei, das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), begrüßte grundsätzlich die klare Haltung, die der Außenminister während des verbalen Schlagabtauschs in Ankara vertreten hatte. Das würde aber noch nicht ausreichen, da die nationale Herangehensweise an dieses Thema eine „Lücke“ aufweise. Griechenland müsse die diplomatische Initiative ergreifen und eine klare Strategie entwickeln. Im Zentrum müsse die Verteidigung der souveränen Rechte stehen. Gleichzeitig müsse man einen konstruktiven Plan sowohl für die bilateralen als auch für die eurotürkischen Beziehungen haben.
Die sozialistisch geprägte Bewegung der Veränderung (KINAL) forderte von der Regierung, offiziell über konkrete Einzelheiten des Treffens zwischen Dendias und Cavusoglu informiert zu werden. Es sei selbstverständlich gewesen, dass der Außenminister die Positionen seines Landes während der Pressekonferenz zum Ausdruck gebracht habe. Man müsse sich allerdings fragen, wie gut dieses Treffen vorbereitet worden sei, und was das eigentliche Ziel gewesen sei. Vor allem aber sei es gut zu wissen, was bei den Begegnungen überhaupt besprochen worden sei.
Griechenland Zeitung / Jan Hübel

 

Nach oben

 Warenkorb