Ringen um die Gunst der Wähler
Bei den
Parlamentswahlen vor einem Jahr hat die Chryssi Avgi mit etwa 7 %
der Stimmen den Sprung ins griechische Parlament geschafft. In
allen Meinungsumfragen liegt die Partei derzeit mit mehr als 10 %
an dritter Stelle in der Wählergunst nach der konservativen Nea
Dimokratia (ND) von Premier Antonis Samaras und nach dem Bündnis
der Radikalen Linken (SYRIZA), die derzeit die größte
Oppositionskraft im griechischen Parlament ist.
Beobachter glauben, dass viele Wähler nach Ausbruch der Finanz- und
Wirtschaftskrise ihre Proteststimme entweder der Chryssi Avgi oder
SYRIZA schenkten, um das bisherige Zweiparteiensystem aus
Konservativen (ND) und Sozialisten (PASOK) abzustrafen.
Beide Parteien sind in den Augen der meisten Griechen Schuld an der
derzeitigen akuten Finanz- und Wirtschaftslage des Landes. Wenn man
bedenkt, dass sich ND und PASOK seit 1974 nahezu regelmäßig bei den
Regierungsgeschäften abgewechselt haben, ist diese Schlussfolgerung
nicht unverständlich. Derzeit stellen beide Parteien in einer
Koalition unter Ministerpräsident Samaras gemeinsam die
Regierung.
Analysten glauben, dass die Chryssi Avgi ihre meisten Wähler aus
dem rechten Flügel der ND rekrutieren konnte. Wohl auch aus diesem
Grund scheint es Samaras bisher vermieden zu haben, auf einen
absoluten Konfrontationskurs mit dieser Partei zu gehen. Kritiker
glauben, dass er mit dieser Politik versuchen wollte, seine
ehemaligen Wähler aus dem rechten Lager zurück ins eigene Lager zu
holen. Die aktuellen Ereignisse scheinen dem Ministerpräsidenten
jedoch derzeit gar keine andere Wahl zu lassen, als die Taten der
Chryssi Avgi entschieden zu verurteilen und schärfer gegen sie
vorzugehen.
Angriffe auf Ausländer und politische
Widersacher
In einem Interview gegenüber der Zeitung
„Ethnos“ hat ein vermeintliches ehemaliges Mitglied der Chryssi
Avgi von einer „paramilitärischen Gruppe“ gesprochen. Weiterhin
erklärt diese Person, dass jedes neue Mitglied der Partei seine
Treue unter Beweis stellen müsse. Dazu gehörten etwa Überfälle auf
Ausländer sowie auch gegen politische Widersacher. Erst vor wenigen
Tagen war eine Gruppe von Kommunisten während einer
Plakatklebeaktion auf der Straße schwer zusammengeschlagen
worden.
Was den Mörder von Pavlos Fyssas betrifft, so dürfte es sich bei
ihm offenbar um ein Mitglied der Chryssi Avgi handeln. Er hat seine
Tat gestanden. Die bisherigen Ermittlungen legen den Verdacht nahe,
dass er telefonisch an den späteren Tatort bestellt worden ist. Die
polizeilichen Vermittlungen dazu sind allerdings noch nicht
abgeschlossen. Die Chryssi Avgi selbst hatte nach dem Mord jegliche
Verbindung zum Täter bestritten und den Vorfall verurteilt.
(Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi. Die Aufnahme zeigt eine antifaschistische Kundgebung am Donnerstag.)