Sehr hoher Anteil der Stimmenthaltung
Das vorläufige Endergebnis (99,96 % der Wahllokale) lautet: ND 29,66 % (129 Sitze); radikales Linksbündnis SYRIZA 26,89 % (71). Darauf folgen: die sozialistische PASOK 12,28 % (33), die Unabhängigen Griechen 7,51 % (20), die rechtsextreme Chryssi Avgi 6,92 % (18), die Demokratische Linke 6,26 % (17) und die kommunistische KKE 4,50 % (12). Beachtenswert ist der äußerst hohe Anteil der Stimmenthaltung, die fast 38 % betrug.
Samaras für „Regierung der nationalen Rettung"
Bereits am Sonntagabend hatte Samaras in einer ersten Stellungnahme betont, dass sich das griechische Volk mit seiner Stimme für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone und der EU entschieden habe. Er, so der ND-Chef, werde sich darum bemühen, eine „Regierung der nationalen Rettung" zu bilden. Griechenland werde die mit den Partnern verhandelten Vereinbarungen respektieren, brauche aber gleichzeitig Wachstum und Maßnahmen, die die enorme Arbeitslosigkeit bekämpfen. Für das Land, so der Konservative, werde es „keine neuen Abenteuer geben, die Position Griechenlands in Europa wird nicht in Zweifel gezogen werden, die Angst wird nicht die Oberhand gewinnen, und vor allem werden die Opfer des griechischen Volkes Früchte tragen". Es sei ein bedeutender Augenblick für Griechenland wie für Europa.
Tsipras konsequent für Ende der Sparpolitik
Alexis Tsipras, Vorsitzender des Linksbündnisses SYRIZA, machte in seiner ersten Stellungnahme deutlich, dass sich seine Partei an keiner Regierung beteiligen werde. „Unser Vorschlag für eine Umkehrung der Sparpolitik ist die einzig tragfähige Lösung für ganz Europa", meinte Tsipras. Die Sparmaßnahmen und der Ausverkauf des nationalen Reichtums könnten nicht fortgesetzt werden. „Eine unheilige Allianz der Ewiggestrigen in Griechenland und im Ausland" habe sich gegen SYRIZA gestellt. Er danke dem Volk für die Verfünffachung seiner Wahlergebnisse und verpflichte sich, die Positionen der Partei im Rahmen der Politik zu nutzen. Keine Partei könne mehr gegen das Volk regieren, das die Sparpakete klar verurteilt habe. „Der neue Tag ist bereits angebrochen", betonte Tsipras.
Neues Zweiparteien-System erblickte das Licht der Welt
Drittstärkste Partei wurde die Panhellenische Sozialistische
Bewegung (PASOK). Ihr Vorsitzender Evangelos Venizelos forderte die
Bildung einer „Regierung der nationalen gemeinschaftlichen
Verantwortung", mindestens unter Beteiligung von ND, PASOK, SYRIZA
und DIMAR. Ziel sei es, „ohne die nationale Mobilisierung und wenn
einige als Opposition hinter der Ecke lauern", zu regieren.
Ansonsten könne man keine wichtige Entscheidung treffen und keinen
Vertrag aushandeln und umsetzen. Venizelos forderte die anderen
Parteiführer dazu auf, beim Staatspräsidenten zu beantragen, die
Aufträge zur Regierungsbildung an die drei stärksten Parteien zu
überspringen und gleich den Rat der Parteiführer unter dem Vorsitz
des Präsidenten einzuberufen. Alle Parteien müssten sich ihrer
Verantwortung stellen, was die PASOK „im vollen Bewusstsein ihrer
Rolle als Garant" bereits tue.
Deutlich wird, dass mit dem Urnengang vom Sonntag ein neues
Zweiparteiensystem geboren wurde, wenn auch auf deutlich
niedrigerem Niveau als in den Jahrzehnten zuvor. Rein arithmetisch
ist bei dem vorläufigen Ergebnis die Bildung einer Regierung
möglich. Die stimmenstärkste Partei erhält laut griechischem
Wahlrecht einen Bonus von 50 Sitzen. Die ND sowie die PASOK und die
Demokratische Linke von Fotis Kouvelis (DIMAR) kämen gemeinsam auf
eine bequeme Mehrheit von 179 Stimmen. Vor den Wahlen hatten diese
drei Parteien geäußert, dass sie in jedem Fall einen dritten
Wahlgang (nach dem 6. Mai und dem 17. Juni) verhindern wollen.
Die letzten Tage des Wahlkampfes in Griechenland, der offiziell am
Freitagabend beendet wurde, waren gekennzeichnet von einer
Polarisierung zwischen ND und SYRIZA. Dabei stand das Dilemma Euro
oder Rückkehr zur Drachme im Mittelpunkt. (Text: Griechenland
Zeitung / Foto: Eurokinissi)