Die bilateralen Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei trüben sich ein. Verteidigungsminister Kammenos schätze ein, dass die griechische Armee „in Bereitschaft“ sei. Die Opposition in Athen warnte davor, „unnötig Öl ins Feuer zu gießen“.
Verteidigungsminister Panos Kammenos hat in dieser Woche für Schlagzeilen gesorgt. Gegenüber Journalisten stellte er fest, dass in Ankara „nichts demokratisch zugeht“. Die Justiz unterliege dem „Auftrag des Sultans“. Den Präsidenten des Nachbarlandes Recep Tayyip Erdogan bezeichnete Kammenos als „einen Verrückten“. Letztendlich brachte er die pessimistische Einschätzung zum Ausdruck, dass zwei Anfang März in der Türkei verhaftete griechische Soldaten dort für bis zu 15 Jahren festgehalten werden könnten. Als Vergleich nutzte der Verteidigungsminister den Film „12 Uhr nachts – Midnight Express“. Darum geht es um einen amerikanischen Studenten, der in Istanbul verhaftet wurde, eine 30jährige Haftstrafe erhielt und im Gefängnis misshandelt wurde.Weiterhin schätzte Kammenos ein, dass 80 Prozent der Kampfpanzer des türkischen Militärs zerstört seien und dass 60 Prozent der Streitkräfte des Nachbarlandes – wie etwa Piloten – kein Teil der Armee mehr seien. Sein Land hingegen befinde sich „in Bereitschaft“. Anschließend stellte Griechenlands Verteidigungsminister fest: „Sollten sie unsere nationale Souveränität verletzen, werden wir antworten, wie es sich gehört.“
Unverständnis bei der Opposition
Die Äußerungen von Kammenos sind bei der griechischen Opposition auf Unverständnis gestoßen. Oppositionschef Kyriakos Mitsotakis aus den Reihen der konservativen Nea Dimokratia (ND) warf dem Verteidigungsminister vor, „unnötig Öl ins Feuer zu gießen“. Er stellte fest, dass Kammenos „nicht nur unfähig, sondern auch gefährlich“ sei. Der in seiner Partei für Verteidigungsfragen zuständige ND-Funktionär Vassilis Kikilias schätzte ein, dass solche Aussagen nur zum „politischen Überleben“ von Kammenos dienten. Seine Haltung sei der Rolle eines „Verteidigungsministers in Krisenzeiten nicht angemessen“. Die Vorsitzende der „Bewegung der Veränderung“ Fofi Gennimata rief Ministerpräsident Alexis Tsipras dazu auf, „Stellung“ zu den Äußerungen des Verteidigungsministers zu beziehen.
„Heißer Zwischenfall“ nicht ausgeschlossen
Unterdessen schätzte der stellvertretende Außenminister Griechenlands Jorgos Katroungalos ein, dass „die Türkei keinen Krieg in der Ägäis haben will, weil sie weiß, dass sie ihn nicht gewinnen kann“. Außerdem sei Ankara „diplomatisch isoliert“. Acht türkische Offiziere, die nach einem gescheiterten Putschversuch in der Türkei im Sommer 2016 Zuflucht in Griechenland gesucht haben, könnten Katroungalos zufolge nicht ausgeliefert werden. Das liege vor allem an unwiderrufliche Entscheidungen der griechischen Justiz. Sollte sich jedoch herausstellen, dass die Offiziere letztendlich doch am Putschversuch beteiligt gewesen seien, so sei Athen nicht mehr dazu verpflichtet, ihnen auf seinem Territorium Aufenthalt zu gewähren. Allerdings schätzte er ein, dass man von einer solchen Option wohl keinen Gebrauch machen müsse.Der bei der ND für außenpolitische Fragen zuständige Politiker Jorgos Koumoutsakos schloss einen „heißen Zwischenfall“ zwischen Griechenland und der Türkei nicht aus. Es gebe „angesammelte Spannung“ im östlichen Mittelmeer. Das betreffe „sowohl die Quantität als auch die Dauer“.
Premier Tsipras fordert Zeichen des guten Willens
Ministerpräsident Alexis Tsipras rief am Dienstag im Rahmen eines Treffens seines Ministerrates die Türkei dazu auf, die „aggressive Rhetorik“ zu unterlassen. Ankara solle zudem „als Zeichen des guten Willens“ die beiden inhaftierten griechischen Soldaten frei lassen. Die beiden sitzen in einem Hochsicherheitsgefängnis in Edirne (griechisch: Andrianoupolis). Unterdessen hat am Dienstagvormittag ein türkischer Kampfjet des Typs F-16 den griechischen Luftraum überflogen. In einer Höhe von 3.200 Fuß ist er über der griechischen Insel Farmakonisi in der südöstlichen Ägäis geflogen. Anschließend ist die Maschine Richtung Türkei abgedreht.
Elisa Hübel