Ministerpräsident Tsipras aktiviert in diesen Tagen seine internationalen Kontakte. Vor allem die wieder ansteigende Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten und Afrika sowie die Finanz- und Wirtschaftskrise will er dabei in den Vordergrund rücken.
Ein diplomatischer Versuch Athens, zahlreiche Spitzenpolitiker der europäischen Mittelmeerländer an einen Tisch zu bekommen, scheint Früchte zu tragen: Am 9. September wird in der griechischen Hauptstadt eine entsprechende Konferenz stattfinden. Medienberichten zufolge sollen alle eingeladenen Regierungschefs zugesagt haben. Es handelt sich um Francois Hollande (Frankreich), Matteo Renzi (Italien), Nikos Anastasiadis (Zypern), Mariano Rajoy (Spanien), Antonio Costa (Portugal) und Joseph Muscat (Malta).
Erklärtes Ziel des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ist es, eine „Front des Südens“ zu bilden. Versucht werden soll auf diesem Wege, so die Vorstellungen Athens, der Sparpolitik der nord- und westeuropäischer EU-Staaten, die im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise vor allem in den südeuropäischen Staaten eingeleitet worden ist, ein Ende zu setzen. Eines der Hauptziele von Tsipras ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vor allem unter der jungen Generation der Südeuropäer.
Außer der Finanzpolitik werden die sieben Regierungschefs jedoch auch Aspekte der Flüchtlingskrise besprechen. Diese betrifft besonders die europäischen Mittemeerstaaten, wo die Flüchtlinge in aller Regel zuerst europäisches Territorium betreten. Darüber hinaus soll auch die Zukunft der EU nach dem Austritt Großbritanniens auf den Gesprächstisch kommen.
In der darauffolgenden Woche (16. September) findet in Bratislava ein EU-Gipfeltreffen statt. Tsipras möchte dann gern greifbare Ergebnisse der Konferenz der Südeuropäischen Länder vorstellen. Bereits an diesem Donnerstag wird er sich am Treffen der sozialdemokratischen Regierungschefs und stellvertretenden Regierungschefs in Paris als Beobachter beteiligen. – Tsipras ist Vorsitzender des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA), das wiederum der Europäischen Linken zugehörig ist. In seiner Regierungszeit hat er sich jedoch des Öfteren darum bemüht, die politische Mitte anzusteuern, was bei den Sozialdemokraten in Europa freudig aufgenommen worden ist.
Am 18. September fliegt der griechische Premier schließlich nach New York, wo er sich an der UN-Generalversammlung beteiligen wird. Dort wird er eine Ansprache zur Flüchtlingsproblematik halten. In Griechenland sind derzeit knapp 58.500 Immigranten und Asylsuchende zumeist in provisorischen Lagern untergebracht. Ihr endgültiges Reiseziel sind Länder West- und Nordeuropas.
Elisa Hübel
Die Lösung der Flüchtlingsproblematik steht auf der Agenda des griechischen Ministerpräsidenten ganz oben an. Unser Foto (© GZ / Jan Hübel) entstand am Sonntag vor der Insel Lesbos. Abgebildet ist ein Boot der Küstenwache, das zahlreiche Flüchtlinge an Bord hat, die vermutlich aus der Türkei gekommen sind.