Ganze Karawanen von Flüchtlingen ziehen derzeit über Nationalstraßen in Mittel- und Nordgriechenland: Erwachsene, Kinder und selbst Personen in Rollstühlen. Ihr aller Ziel ist es, die Grenze zur ehemaligen Republik Mazedonien (Uno-Kurzbezeichnung: FYROM) zu erreichen. Der Nachbar im Norden lässt seit Sonntag u. a. Flüchtlinge aus Afghanistan nicht mehr ins Land. Der Übergang für Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak wurde zusätzlich erschwert: Lediglich jeder siebte der Ankömmlinge kann Griechenland derzeit wieder verlassen. Dabei hat der Zustrom von Immigranten, die von der türkischen Küste nach Griechenland kommen, nicht nachgelassen. Das Resultat ist, dass gegenwärtig tausende Menschen in Griechenland festsitzen. Sie campieren entweder an Straßenrändern, manchmal auf dem Gelände ehemaliger Tankstellen oder auch in Rasthäusern. Vielen von ihnen ist durch die nicht eingeplante längere Wartezeit das Geld für Lebensmittel ausgegangen.
Im Camp am Grenzort Idomeni hielten sich am Donnerstag rund 3.000 Menschen auf. Im benachbarten Ort Polykastro waren es weitere 1.300.
Unter diesen Umständen versucht die griechische Regierung händeringend, Unterkunftsmöglichkeiten für die Flüchtlinge zu finden. In erster Linie werden neue provisorische Camps errichtet: so im Hafen von Piräus oder auf dem ehemaligen Flughafen von Elliniko bei Athen. Zudem übernachten viele der Ankömmlinge vorübergehend auf Passagierschiffen. Damit soll Zeit gewonnen werden, bis die neuen Lager bezugsfertig sind. Geplant sind vorerst fünf solcher „Relocation Camps“ in Kilkis und Giannitsa in Nordgriechenland. Diese sollen eine Gesamtkapazität von 20.000 Menschen erreichen. Die Vereinten Nationen wollen zudem Ein- und Zwei-Sterne-Hotels in Athen und Thessaloniki für die Unterbringung der Flüchtlinge anmieten.
Der für Migrationspolitik zuständige Minister Jannis Mouzalas erklärte am Donnerstag, dass Griechenland einen Notfallplan habe. Gleichzeitig räumte er ein, dass schwierige Stunden auf Griechenland zukommen. Mouzalas hat sich am Donnerstag an einer Beratung der EU-Innenminister in Brüssel beteiligt. Er stellte im Anschluss fest, dass er politische Unterstützung von den EU-Innenministern zur Flüchtlingsproblematik erhalten habe. Kritisiert hat er hingegen die Entscheidung Österreichs, sich mit Westbalkanländern über das Problem zu beraten ohne Griechenland mit an den Gesprächstisch zu bitten. Die Haltung Wiens sei einseitig, nicht freundlich und würde frühere Entscheidungen von EU-Gipfeltreffen verletzen, sagte der griechische Politiker.
Auch Ministerpräsident Alexis Tsipras hat am Donnerstag die Flüchtlingskrise thematisiert. In einer Rede vor dem Politischen Sekretariat seines Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA), kritisierte er, dass die Schließung der Grenzen sowie die Weigerung einiger Länder, die Verantwortung zu teilen, „absolut antieuropäisch“ sei. Zeitgleich, so warnte er, werde eine solche Haltung den Weg für rechtsradikale Gruppierungen und Parteien ebnen.
Elisa Hübel
Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am Freitagmittag (26.2.) im Hafen von Piräus.